Für "Schenken und schenken lassen" hat Jörg Petzold wieder richtig gute Bücher parat! (Foto: Sophie Euler)

Schenken und schenken lassen 2020

▷ Letzte Änderung: 2020-12-14
By Jakob |
Im Radio:
14. bis 20. Dezember 2019

Von Geschäft zu Geschäft ziehen und sich Inspiration für Geschenkideen holen, wird dieses Jahr etwas schwierig. Daher hat Bibliomane Jörg Petzold für euch sein Bücherregal durchforstet und die besten Werke 2020 zusammengetragen, die sich hervorragend als Präsent machen.
Die Hörproben findet ihr jeweils beim Buch.


Roger Deakin – Wilde Wälder

Holz als fünftes Element. Naturschützer Roger Deakin ist für sein erstes Buch quer durch die Seen, Flüsse, und Tümpel Großbritanniens gekrault. Sein zweites beginnt im Schatten der Bäume seines Gartens in Suffolk und führt ihn durch die Wälder Großbritanniens bis nach Zentralasien und Australien. Eine umfangreiche Naturstudie über die Bedeutung der Bäume.

Fazit von Jörg Petzold:
„Naturbeschreibungen waren mal eine ganz große deutsche Literaturdomäne. Mittlerweile kommen viele der interessantesten nature writings aus England – so wie dieses von Roger Deakin. Nach seinen Beschreibungen über das Schwimmen in allen englischen Gewässern, hat er hier seine liebsten Wälder porträtiert. Zum Träumen in der Corona-Isolation ist das einer meiner Favoriten!“

 

Wilde Wälder von Roger Deakin ist bei Matthes & Seitz erschienen.


Yvonne Adhiambo Owuor – Das Meer der Libellen

Die junge Kenianerin Ayaana sucht ihren Platz in der Welt: Als ihre kleine Heimatinsel Pate immer mehr von den Konflikten der Globalisierung erreicht wird, entscheidet sie sich für die Flucht nach vorn: Ein Studium in China. Dorthin gelangt sie auf einer gefährlichen Schiffsreise, in ihrem Kopf viele Fragen: Wer ist ihr Vater, über den niemand sprechen will, was ist Heimat und wer ist sie eigentlich selbst? Ein poetischer Coming-of-Age Roman, inspiriert von einer wahren Geschichte.

Fazit von Jörg Petzold:
„Geradezu überbordend, sowohl emotional als auch die Phantasie betreffend. Warm. Reich an Erzählsträngen – ohne zu verwirren. Ganz in der heutigen Zeit und aus den Traditionen und Überlieferungen schöpfend. Einfach beeindruckend. Und bezaubernd.
Und dick. Zum Glück!!“

Kat Menschik und Dr. Mark Benecke – Illustrirtes Thierleben

Kat Menschik ist preisgekrönte Künstlerin, Mark Benecke prominenter Kriminalbiologe, gemeinsam haben sie eine wunderschön-schräge Hommage an alte Tierbücher aus dem 16. Jahrhundert herausgebracht. 17 Arten stellen sie vor, von feenhaften Glühwürmchen über betrunkene Elche bis zu verspielten Oktopussen – überraschend, kurios und manchmal auch ziemlich gruselig.

Fazit von Jörg Petzold:
„Den allerwenigsten muss ich Kat Menschik oder Dr. Mark Benecke noch vorstellen. Und ihr gemeinsames Buch, dieses wunderbar exzentrische, geistreiche und wunderschöne ‚illustrirte Thierleben‘ hält, was es verspricht.
Es ist ein nahezu perfektes Geschenk. Wer es nur auf dem Kaffeetisch liegen haben möchte, ist begeistert. Wer dann noch liest, hat das allergrößte Vergnügen und einen tatsächlichen Erkenntnisgewinn!!“

Illustrirtes Thierleben geschrieben von Dr. Mark Benecke und illustrirt von Kat Menschik ist bei Galiani Berlin erschienen.

Anke Stelling – Grundlagenforschung

Wer bin ich und: wer könnte ich sein? Es sind fundamentale, schmerzhafte Lebensfragen, denen sich die Prota-gonist*innen in Anke Stellings 14 Erzählungen stellen. Zwischen Ängsten, Erwartungen, gesellschaft-lichen Normen und Zufällen, in die man so reinschlittert, suchen sie nach einem bedeutungsvollen Leben, zerrieben zwischen gelang-weilter gutbürgerlicher Spießigkeit und der Anstrengung, ein kreativ-rebellisches Dasein zu führen.

Fazit von Jörg Petzold:
„Anke Stelling betreibt ihre Grundlagenforschung seit einigen Jahren und ich bin bekennender großer Fan. Es ist dieser grundlegende Zweifel an den scheinbar funktionierenden Dingen und Vorgängen und genauso an denen, die nicht funktionieren, der mir gefällt. Der strahlend dunkle Humor dabei. Diese heißkalte Hassliebe zum Leben.
Wer das nachvollziehen kann, sollte schleunigst die Buchhändler*innen des Vertrauens aufsuchen für diese vollgepackten 190 Seiten, die auch immer wieder unangenehm werden. Aber das macht ja gute Kunst aus, oder?“

Jan Koneffke – Die Tsantsa-Memoiren

Der Tsantsa, der Schrumpfkopf, ist eigentlich eine grausame Trophäe aus Zeiten des Kolonialismus. Jan Koneffke macht ihn in seinem neuen Roman zum absurden Erzähler eines zweihundertjährigen Abenteuers. Auf seiner Reise begleiten wir den schrecklichen Wandschmuck quer durch Europa, von Bukarest bis Berlin. Er wird Zeuge historischer Ereignisse und nebensächlicher Alltagsbegebenheiten – und findet nach und nach immer mehr über seine eigene Vergangenheit heraus.

Fazit von Jörg Petzold:
„Ein Schrumpfkopf als Erzähler und Protagonist! Ich bin total begeistert! Von der Phantasie, den Details, der Opulenz, der Komik und der Sprache! Von allem.
Ganz ganz großartig! Wer keine Angst hat vor 550 Seiten, sollte keinen Moment warten und schnell zuschlagen.“

Rutger Bregman – Im Grunde gut

Solidarität ist unsere versteckte Supermacht. Das ist die Überzeugung des nierderländischen Journalisten und Historikers Rutger Bregman. Gerade Krisen bringen das Beste in uns zum Vorschein. Zeit, unsere Welt grundoptimistisch zu denken – und mutig neu zu gestalten.

Fazit von Jörg Petzold:
„Es gab in den letzten Jahren in paar wenige, wirklich außergewöhnliche Bücher, die meine Sicht auf die Welt fundamental verändert haben. ‚Im Grunde gut‘ stelle ich sofort in diese Reihe. Warum? Weil es liebgewonnene Überzeugungen von der Schlechtigkeit des Menschen und der Welt fundiert in Frage stellt und damit ganz ohne esoterische oder religiöse Überbauten die Impulse und Kräfte für eine positive Gestaltung (Veränderung) der Welt freilegt: Kooperation und Wohlwollen. Ich lege es euch gerade in dieser Zeit wärmstens ans Herz. Lest! Und wenn es euch überzeugt: teilt es!“

David Lopez – Aus der Deckung

Eine Kleinstadt in Frankreich, irgendwo zwischen Metropole und Acker. Jonas ist Anfang 20, Boxer, eine Karriere im Kampfsport seine einzige Chance raus aus der provinziellen Perspektivlosigkeit. Doch dafür fehlt ihm Motivation und Disziplin. So hängt er fest in Mittelmäßigkeit und Langeweile, gehört weder zu den harten Jungs aus den Hochhaustürmen, noch hat er Chancen bei den Frauen aus den besseren Vierteln der Stadt. David Lopez gefeiertes Debüt ist rau und melancholisch.

Fazit von Jörg Petzold:
„Einer der Shootingstars aus Frankreich. Schnelle, knackige, rauhe Sprache. Direkter, unromantischer Ton – passend zum jugendlichen, recht perspektivlosen Leben in der Kleinstadt. Wer was für den Bruder sucht, der selten Klassiker liest, aber eigentlich eine Antenne für Literatur hat, der ist mit diesem Buch sehr gut beraten.“




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