Die Wahlprogrammhilfe von FluxFM
1 Interview, 1 Partei, 1 Experte. Bei der FluxFM-Programmhilfe gibt es Wahlprogrammkino für die Ohren. Wer eigentlich was und warum für Berlin will – das erklären euch unsere FluxFM-Wahlexperten, in alphabetischer Reihenfolge. Wir haben aber auch mit den Spitzenkandidaten aller relevanten Parteien gesprochen. Den FluxFM Kandidatencheck könnt ihr hier nachhören und -lesen.
Die Berliner AfD
Tanja Tricarico ist freie Journalistin und Politik-Korrespondentin für die korrespondenten. Sie hat sich mit dem Wahlprogramm der Berliner AfD beschäftigt:
In Kürze:
- Was sind die Top Themen? Kurskorrektur der Flüchtlingspolitik, Ende des „Asylchaos“, Innere Sicherheit, ausländische Kriminelle abschieben, ein sehr traditionelles Familienbild mit Steuergeschenken fördern, u.a. auch beim Wohnen
- Was machen sie anders als die anderen? Die meisten Punkte kommen auch bei der CDU vor, aber die Wortwahl der AfD ist deutlich rechtspopulistischer, die meisten Begrifflichkeiten tauchen auch bei rechtsextremen Parteien auf.
- Wie realistisch ist das Wahlprogramm? Eine wirkliche Lösung haben sie für die meisten Probleme nicht, in der Flüchtlingsproblematik setzen sie hauptsächlich auf Abschottung.
Die Berliner CDU
Anna Biselli ist Journalistin bei netzpolitik.org und hat einen Blick ins Wahlprogramm der Berliner CDU geworfen:
In Kürze:
- Was sind die Top Themen? Sicherheit, Bildungspolitik, Elitenförderung, Modernisierung von Verwaltung
- Was machen sie anders als die anderen? Die Forderungen im Bereich der Sicherheitspolitik sind radikaler als bei allen anderen Parteien, es gibt sogar die Forderung nach „sicher feiern“. Die Polizei soll wesentlich mehr Befugnisse erhalten, Bodycams und Taser, Ausweitung der Vorratsdatenspeicherung
- Wie realistisch ist das Wahlprogramm? Vieles lässt sich schwer beurteilen, besonders bei Bauvorhaben. Die meisten Ziele sind langfristig angelegt, wie z.B. die Bildungspolitik. Bei der Sicherpolitik ist teilweise nicht klar, ob die Forderungen überhaupt verfassungskonform sind.
Die Berliner FDP
Politikwissenschaftler Nils Diederich über die Berliner FDP:
In Kürze:
- Was sind die Top Themen? Privat geht vor Staat, totale Privatisierung (außer bei der Kultur, dort soll der Staat mehr zahlen), Mietpreisbremse abgeschaffen, Tegel soll in Betrieb bleiben, Weiterbau der A100
- Was machen sie anders als die anderen? Das Liberalprinzip des Selbstmachens – und dafür soll der Rahmen geschaffen werden. „Berlin braucht ein Update“ ist die Forderung.
- Wie realistisch ist das Wahlprogramm? Einige Kernpunkte sind außerordentlich fragwürdig, wie z.B. die Abschaffung der Mietpreisbremse. Der Privatisierungsgedanke ist unrealistisch, da er mit einem Koalitionspartner nicht zu machen ist.
Die Berliner Grünen
Christian Stahl (Journalist, Autor, Filmemacher und Mitherausgeber des Online Magazins Carta) hat einen Blick ins Wahlprogramm der Berliner Grünen geworfen:
In Kürze:
- Was sind die Top Themen? Sozialer Wohnungsbau, Mindestlohn für die freie Szene, Fahrradhauptstadt, BVG-Ticket für alle, Einwanderungsbehörde, mehr direkte Demokratie
- Was machen sie anders als die anderen? Die Grünen wollen sich als Smart City-Partei etablieren.
- Wie realistisch ist das Wahlprogramm? Realistisch und umsetzbar sind die meisten Forderungen der Grünen, am wenigsten realistisch sind das BVG-Ticket für alle und der Mindestlohn für die freie Szene.
Die Berliner Linke
Daniel Bax ist Journalist bei den Neuen Deutschen Medienmachern und hat sich das Wahlprogramm der Berliner Linken angesehen:
In Kürze:
- Was sind die Top Themen? Altersarmut, Kinderarmut, steigende Mieten, Alleinerziehende, Baustellen, Warteschlangen in Behörden, Verdrängung auf dem Wohnungsmarkt
- Was machen sie anders als die anderen? Sie haben sehr detaillierte Vorstellungen von bezahlbarem Wohnen, wie z.B. einem Berlinpass für Menschen mit niedrigem Einkommen, sie setzen nicht nur auf Wohnungsneubau, sondern auch auf Umwidmung.
- Wie realistisch ist das Wahlprogramm? Wenn es zu einer rot-rot-grünen Koalition kommt, sind einige Forderungen ziemlich realistisch, z.B. der Berlinpass für sozial Benachteiligte.
Die Berliner Piraten
Christian Stahl (Journalist, Autor, Filmemacher und Mitherausgeber des Online Magazins Carta) hat sich das Wahlprogramm der Berliner Piraten angesehen:
In Kürze:
- Was sind die Top Themen? Mehr Weltoffenheit und mehr Flüchtlinge, weniger Überwachung und mehr Transparenz, Gentrifizierung von Friedrichshain-Kreuzberg entgegenwirken
- Was machen sie anders als die anderen? Digitale Infrastruktur, Freifunk, bedingungsloses Grundeinkommen, fahrscheinloser öffentlicher Nahverkehr und leider zuviel Streit im Parlament.
- Wie realistisch ist das Wahlprogramm? Kurzfristig umsetzbar sind alle ihre Forderungen eher nicht, bedingungsloses Grundeinkommen und fahrscheinloser öffentlicher Nahverkehr sind z.b. eher langfristige Ziele.
Die Berliner SPD
Politikwissenschaftler Nils Diederich hat das Programm der Berliner SPD gelesen:
In Kürze:
- Was sind die Top Themen? Mehr Menschen im öffentlichen Dienst, mehr Ausbildung (auch für Flüchtlinge), bezahlbares Wohnen, Mietpreisbremse, Neubau, Wohnen als Grundrecht, gute Bildung, kostenlose Kitas, mehr Geld für Schulen
- Was machen sie anders als die anderen? Das Programm strahlt das Selbstbewusstsein aus, dass die SPD schon lange regiert und alles zum Besten eingerichtet hat. Es werden kaum problematischen Punkte angesprochen, sondern alles wird „weiterentwickelt“.
- Wie realistisch ist das Wahlprogramm? Im Großen und Ganzen sind die meisten Ziele in einer Legislaturperiode umsetzbar, allerdings mit einigen Unwägbarkeiten, wie z.B. dem BER.
Die Grundbegriffe zur Wahl in Berlin 2016
Und passend zur Wahlprogrammhilfe, haben wir auch noch eine Wahlurnenhilfe für euch. Denn was hilft es, wenn ihr zwar wisst, wen ihr wählt, aber nicht wofür?
Am 18. September 2016 dürft ihr genau dreimal ein Kreuz machen. Mit der Erststimme wählt ihr den Wahlkreiskandidaten – Zettelfarbe weiß. Das Direktmandat steht dann dem Kandidaten zu, der im Wahlkreis die meisten Stimmen erhält. Mit der Zweitstimme wählt ihr eine Partei – Zettelfarbe blau. Sie ist im Grunde so etwas wie die „Hauptstimme“, denn sie entscheidet über die Zusammensetzung des Abgeordnetenhauses. Erst- und Zweitstimme dürft ihr beliebig verteilen. Das heißt: Ihr könntet im Wahlkreis den Kandidaten der X-Partei wählen, mit der Zweitstimme aber die Liste der Y-Partei. Und last but not least gibt’s ja noch die Wahl für die BVV, die Bezirksverordnetenversammlung – hier wählt ihr die direkte Vertretung für euren Bezirk – Zettelfarbe orange.
Das Abgeordnetenhaus
Dieser bunte Haufen besteht aktuell aus SPD, CDU, den Grünen, der Linken und den Piraten und bildet in Berlin das Landesparlament – in der 17. Wahlperiode. 149 Menschen – mal mehr, mal weniger vollständig – tagen dazu regelmäßig im Gebäude des ehemaligen Preußischen Landtages.
Das Abgeordnetenhaus ist zu verwechseln mit dem Senat, auch bekannt als die Landesregierung. Der Senat besteht aus einzelnen MinisterInnen oder auch SenatorInnen, maximal acht. Jede/r von ihnen betreut ein Ressort: Bildung, Umwelt, Soziales und so weiter. An ihrer Spitze steht der Bürgermeister – und von dem werden die MinisterInnen auch höchst persönlich ausgewählt.
Das Abgeordnetenhaus wählt den Bürgermeister und kann jedes einzelne Senatsmitglied durch ein Misstrauensvotum zum Rücktritt zwingen. Ansonsten wird im Abgeordnetenhaus vor allem hitzig debattiert – über das für und wieder von Gesetzesvorschlägen, den Haushalt und wo eventuelle Verfassungsänderungen nötig wären. Um ins Abgeordnetenhaus einziehen zu können, muss eine Partei fünf Prozent der Wählerstimmen erhalten, für die BVV braucht sie drei Prozent der Stimmen.
Die Bezirksverordnetenversammlung
Sperriges Wort – einfach erklärt: Die BVV kümmert sich um die jeweilige Lokalpolitik in den Berliner Bezirken. Sie ist sozusagen die Volksvertretung im Bezirk. 55 Mitglieder hat so eine BVV pro Berliner Bezirk. Die BVV kontrolliert die Verwaltung im Bezirk und entscheidet, wofür der dieser Geld ausgibt. Außerdem wählt sie das Bezirksamt, darunter den Bezirks-Bürgermeister oder die Bezirks-Bürgermeisterin und die vier Stadträte. Also eine Art Mischung aus Politik und Verwaltung.
Einen genaueren Einblick gibt’s auf dem Online-Portal berlin.de – dort stehen die Ergebnisse der Sitzungen. Das können zum Beispiel Mahnungen an den Senat sein, die Wahlversprechen einzuhalten. Die meisten Sitzungen der BVV sind öffentlich und es besteht jederzeit die Möglichkeit, einen Sprechstunden-Termin zu vereinbaren.
Am 18. September gilt ein Kreuz, also eine Wahlstimme der BVV. Diese Stimme zählt nicht für eine Einzelperson, sondern für eine Partei bzw. für eine Wähler-Gemeinschaft. Im Unterschied zur Abgeordnetenhauswahl darf ab dem 16. Lebensjahr gewählt werden – und statt deutscher Staatsbürgerschaft reicht die Herkunft aus einem EU-Mitgliedsstaat.
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