Street Art mit Künstler ItsTheVibe | Reportage
Defekte Fernseher, ranzige Matratzen und alte Farbflecken: Der UdK-Student und Streetartist Clément ItsTheVibe verzaubert den Müll in Berlins Kiezen in humorvolle Kunstwerke. FluxFM-Redakteurin Lena Mempel ist mit ihm durch den Prenzlauer Berg gezogen – und hat selbst die Spraydose in die Hand genommen.
An einem windigen Julimorgen stehe ich an einer lauten Straßenkreuzung Nähe der Greifswalder und warte auf Clément. Er kommt auf seinem Rennrad angeflitzt, ein Franzose mit wilden Locken und Schalk in den Augen. Sein schlichter schwarzer Rucksack ist alles, was auf unsere abenteuerliche Mission hindeutet.
„Was machen wir jetzt?“
„Also ich hab zwei weiße Flecken auf dieser Straße gemerkt und ich dachte, ich male einen und zeige dir wie das geht. Und dann kannst du die zweite selbst machen.“
„Dann lass uns losgehen!“
Irgendwann ist hier mal ein Eimer Farbe auf den Bürgersteig gekippt, davon zurückgeblieben sind zwei große, weiße Flecken. Wir wollen Spiegeleier daraus zaubern, indem wir eigelbe Kreise drauf malen. Clément kramt in seinem Rucksack und steckt Sprühköpfe auf die Spraydosen, routiniert und aufgeregt zugleich.
„Ich hab verschiedene Schablonen, weil ich male manchmal auch auf kaputten Matratzen, kaputten Fernsehern, davon gibt es viele in Berlin.“
„Dann gucke ich jetzt beim ersten Mal einfach nur zu.“
„Ich suche mir eine Stelle wo ich weiß, dass das Gelb haften bleiben wird.“
„Woran erkennst du das?“
„Wenn es ein bisschen höher ist, hast du mehr Reibung. Deswegen würde ich vielleicht hier an der flacheren Stelle sprühen. Und dann ich mach immer am Ende einen kleinen weißen Strich, um einen 3D-Effekt zu bekommen.“
„Zack fertig! Das war schnell. Oh Gott, jetzt bin ich dran.“
Wir ziehen ein paar Meter weiter zum nächsten Farbfleck. Ein Opi schlurft mit seiner Einkaufstasche die Straße entlang, vor Cléments frischem Spiegelei hält er verdutzt inne.
„Skeptisch.“
„Ich hab schon viel mit Leuten geredet und die finden das immer lustig eigentlich. Probier mal erstmal hier.“
„Ich komme mit in dein Team jetzt. Oh nein, bei dir war der Rand besser.“
„Ja guck mal, du musst das anwinkeln, so. Wie ist die Polizeisituation? Ah, die Bullen kommen. Wir müssen abhauen.“
Mein Ei ist nur halbfertig. Egal. Wir schmeißen die Sprühdosen hastig in Cléments Rucksack und laufen so unauffällig wie möglich um die nächste Straßenecke.
„Jetzt versteh ich, warum du das lieber nachts machst.“
„Also nachts gibts auch Polizei, aber man sieht die von fern. Ich versuche zu arbeiten, wenn es wirklich kein Auto gibt, dann bin ich sicher, dass es keinen Stress gibt.“
Es beginnt zu tröpfeln. Wir flüchten unter die rot-weiß gestreifte Markise einer kleinen Bäckerei. Clément bestellt zwei Kaffee und ein großes Stück Zupfkuchen.
„Wie bist du überhaupt dazu gekommen Street Art zu machen?“
„Ich glaube, es hat so mit 15, 16 gefunkt. Der Nachbar einer meiner besten Kumpels in Lyon war Graffiti-Sprayer. Und wir waren dann mit ihm unterwegs und ich dachte: Krass, wieviel Potential hat man in diesen 400 Millilitern einer Sprühdose. Deshalb ist mein Name itsthevibe, weil es irgendwas bei mir funkt. Ich kann nicht erklären, warum ich Street-Art-Projekte mache, es macht mir einfach Freude.“
Wir verabschieden uns. Fünf Minuten später summt mein Handy mit einer SMS von Clément. Er schickt das Bild eines frischgesprayten Spiegeleis, ein perfekter, gelber Kreis inklusive weißem Strich für den 3D-Effekt. Darunter nur ein Satz: Eins hab ich noch geschafft.
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