Everything Everything, Cayucas & Leon Bridges | Neue Alben
Everything Everything – Get To Heaven
Als sich Jonathan Higgs für das dritte Everything Everything Album ins Studio begibt, befindet er sich in völliger Misanthropie. Während die Menschheit weltweit an ihrer eigenen Dezimierung arbeitet, echauffiert man sich im Netz über Promis oder wirft sich Eiskübel über den Kopf. Higgs Fassungslosigkeit zieht sich textlich durch das Album, wird dabei aber von teils überschwänglichen Arrangements konterkariert. Im Titeltrack „Get To Heaven“ zum Beispiel, der mit seiner karibischen Note an Friendly Fires erinnert und der große Sommerhit der ehemaligen Musikstudenten aus Manchester hätte werden können – wäre er nur nicht so negativ. Keine Band schafft es derzeit so gut, vertrackt ausgetüftelte und nuancierte Riffs zu eingängigen Hits zusammenzuschrauben. Hip-Hop Parts reihen sich an Mathrock-Elemente, Gitarren spielen atonale Soli über Samples. Genreübergreifende Musik machen sicher viele, aber nur wenige so kompakt und kreativ wie Everything Everything auf Get To Heaven.
Cayucas – Dancing At The Blue Lagoon
Auf Cayucas zweitem Album Dancing At The Blue Lagoon geht es um den kalifornischen Traum: Surfen, Cocktails schlürfen und abends in der blauen Lagune tanzen. Die Brüder Zach und Ben Yudin überspitzen das hedonistische Lebensgefühl in ihren Songs, die fantasierte Idylle des Strandbar-Feelings entwickelt gar eine gewisse poetische Kraft. Es ist das persönliche Kalifornien der Yudin-Brüder, um das es hier geht, Kindheitserinnerungen in der kalifornischen Kleinstadt treffen auf Geschichten aus dem neurotischen Los Angeles, wo sich das Duo mittlerweile niedergelassen hat. Mit seinen Surf-Gitarren, Funk-Rhythmen und der angetrunkenen Melancholie vermittelt Dancing At The Blue Lagoon das Gefühl, man hätte Vampire Weekend für 3 Monate auf einer tropischen Insel ausgesetzt – mit Cocktails for free.
Leon Bridges – Coming Home
So schnell kann’s gehen. Vor nicht einmal 2 Jahren war der Soul- und Gospelsänger Leon Bridges noch Tellerwäscher in seiner Heimat Fort Worth in Texas. Jetzt erscheint sein Debütalbum Coming Home bei einem Majorlabel und nicht wenige wollen in ihm einen neuen Soul-Messias gefunden haben. Seine Geschichte klingt abenteuerlich: Der 27-Jährige hörte während der High School zeitgenössischen R’n’B und tanzte später Hip-Hop am College. Als er sich aber die Gitarre zur Hand nahm, entstanden Songs, die direkt aus den Fünfzigern hätten stammen können. Dabei hatte sich Bridges niemals wirklich mit dem Soul und Gospel dieser Zeit beschäftigt. Fasziniert widmete er sich angesichts seiner eigenen Stücke von nun an großen Stimmen der Soul-Era, wie Sam Cooke und Otis Redding. Die Ähnlichkeiten sind verblüffend.