Spielbarer Widerstand gegen den Nationalsozialismus
Hakenkreuze und SS-Zeichen – was in Filmen und Serien überhaupt kein Problem ist, war für Videospiele in Deutschland bislang ein Tabu. Bislang. Mit Through the Darkest of Times hat nun das erste Videospiel trotz NS-Symbolen eine Freigabe erhalten.
Ein Spiel wie Schindlers Liste
Setting, Atmosphäre, Geschichte: Alles in Through the Darkest of Times ist düster und beklemmend. Und so soll es auch sein im Spiel, das 1933 am Tag nach der Machtergreifung Adolf Hitlers beginnt. Das Ziel des Strategiespiels: Einen Widerstand gegen die Nationalsozialisten in Berlin aufbauen. Aber müssen Videospiele nicht Spaß machen? Nein, sagt Jörg Friedrich, Mitgründer des Entwicklerstudios Painbucket Games:
„Schindlers Liste macht auch keinen Spaß. Schindlers Liste unterhält. Und unser Spiel unterhält. Es ist sicher keine Geschichte, die einem die Stimmung aufhellt, aber die Tragödie ist so alt, wie die menschliche Erzählung. Das ist eine Geschichte, die in der Regel traurig ist. Und die vielleicht so ausgeht, dass man sagt ‚Och toll, dass wir jetzt diese Zeiten überstanden haben.‘ Aber diese Zeiten waren finster und ich finde, man kann das nur so abbilden.“
Reale Symbole, keine Fantasie
Im Fall von Through the Darkest of Times auch mit der Darstellung von Hakenkreuzen. Ein Novum in Deutschland: Anders als bei Filmen war das in Videospielen bislang verboten. Seit August gilt diese Ausnahme auch für Games. Eine Entscheidung mit weitreichenden Konsequenzen, wie der zweite Kopf des Entwicklerteams Sebastian Schulz erklärt:
„Viele Sachen, dass man die anders darstellen muss in dem Medium Computerspiel, die sind uns erst später bewusst geworden. So ikonografische Szene, wie bei der Bücherverbrennung, wo die ganze faschistische Studentenschaft den rechten Arm reckt, hätten wir halt nicht benutzen können. Wir hätten irgendeine neue Bildsprache entwickeln müssen, die dann vielleicht nicht so wirkmächtig gewesen wäre.“
Ohne die neue Regelung hätte es das Spiel eventuell gar nicht gegeben, oder nur stark abgewandelt:
„Wir wollten keine Fantasie-Erzählung draus machen. Uns ist das Thema so ernst, dass wir gesagt habe: Dann bleiben diese Symbole halt weg. Unsere ursprüngliche Intention war ja auch nicht ein Spiel mit Hakenkreuzen zu machen, ne. Wir sind keen Spiel wo’t um Hakenkreuze geht, sondern um Antifaschismus.“
Strategie, Weitsicht, Menschlichkeit
In vier Kapiteln wird die politische und gesellschaftliche Entwicklung bis 1945 thematisiert. Ziel ist der Aufbau einer Widerstandsgruppe. Jede Entscheidung beeinflusst die Zukunft der ganzen Gruppe und den Verlauf der Geschichte. Es geht um Strategie und Weitsicht, aber auch um Menschlichkeit:
„Du weißt halt eben auch nicht, ob dein Charakter eben zum Beispiel homosexuell ist oder ob der zum Beispiel Jude ist. Dann, erst in der Zeit, wo die Verfolgung einsetzt, da spielen diese Faktoren eine Rolle und die Leute steigen möglicherweise aus deiner Gruppe aus, sagen ‚Wir können es nicht mehr machen. Wir müssen uns jetzt verstecken. Wir sind hier solchen Repressalien ausgesetzt.‘ Solche Dinge spielen erstmal überhaupt keine Rolle und dann plötzlich erreichen sie diese Wichtigkeit durch den Verfolgungsdruck, den sie dann letztendlich hatten.“
Geschichte nachvollziehbar machen und ein Bewusstsein dafür schaffen, wie sich die Ideologie des NS auf den Alltag ausgewirkt hat, dieses Ziel verfolgt das Entwickler-Duo von Paintbucket Games.
Das komplette Interview mit Jörg Friedrich und Sebastian Schulz von Paintbucket Games
Entwickler: Paintbucket Games
Publisher: HandyGames, Paintbucket Games
Genre: Strategie
Release: Ende 2019
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