Faking Hitler | Der Podcast zum Stern-Trauma
Es war der größte deutsche Presseskandal der Nachkriegszeit: Die Fälschung der Hitler-Tagebücher. Am 25. April 1983 veröffentlicht der Stern die Schriften mit großem Trommelwirbel. Doch der Schwindel fliegt bald auf: Schrift falsch, Papier falsch, alles falsch. Das Medienhaus stürzt in eine tiefe Krise, die Chefredaktion muss die Koffer packen. Schon in den 90ern hat diese irre Geschichte genügend Stoff für einen Spielfilm geboten, nun arbeitet der Stern sein Trauma selbst auf – mit der zehnteiligen Podcastreihe Faking Hitler. Ob sich die Audioreise in die Vergangenheit lohnt, verrät euch FluxFM-Redakteurin Jasmin Kröger.
„Ja, schönen guten Abend, Herr Fischer?“
„Ja?“
„Hier ist Heidemann.“
Originaltonbandaufnahmen aus den 80er Jahren, dem ersten Gespräch zwischen dem Stern-Journalisten Gerd Heidemann und dem Fälscher Konrad Kujau, der sich als Conny Fischer ausgibt. Heidemann ist zu diesem Zeitpunkt Stern-Starreporter. Wie ein Terrier hat er sich in dieser vermeintlichen Aufdeckung festgebissen. Rückblickend gesteht er, der Betrüger Kujau, ein Maler mit Faible für Fälschungen, hat ihn gekonnt um den Finger gewickelt:
„[…] Er war lustig und machte einen netten Eindruck. Das ist ja, worüber ich mich so ärger. Dass ich auf den so reingefallen bin.“
Ärgern tut sich Heidemann auch zwischendurch. Das Problem: Kujau kommt mit den Fälschungen kaum hinterher. Das Papier muss mit schwarzem Tee behandelt in 30er-Jahreoptik verwandelt werden, das Schreiben ist zeitaufwändig. Monate, letztlich Jahre, hält er Heidemann mit den absurdesten Ausreden hin: Lieferant verschollen, Krankheit, und, und, und. Peu à peu kommen die Schriften trotzdem zusammen. Schlussendlich sind es 69 Bücher. Und Kujau wird ein reicher Mann. 9,3 Millionen zahlt der Stern für die DIY-Hitler-Memoiren. Manchmal scheint Kujau gar ein bisschen stolz, was er sich da alles zusammengedichtet hat:
[…] Ich hab da gelesen, das wusste ich gar nicht, dass die Eva einen Hund zu Weihnachten wollte.“
Im Tagebuch klingt das dann so:
„E. verbrachte den Weihnachtsabend bei ihren Eltern. Sie hatte sich einen Hund gewünscht. Kann nur von Hoffmanns kommen, ich mag nun einmal kleine Hunde nicht und mit großen kann E. nicht umgehen. Wollte wenn es geht einen Chow-Chow, hat sie bestimmt bei Hoffmanns gesehen, die haben zwei. Musste ich aber sagen, diese Hunderasse ist falsch und hinterhältig.“
Ein Rassenfanatiker, der sich über Hunderassen auslässt – sehr kreativ. Der Podcast Faking Hitler ist eine Mischung aus Krimi und Geschichtsunterricht. Die Originalaufnahmen lassen einen an der perfiden Goldgräberstimmung teilhaben, die damals Heidemann und Kujau erfasst. Das ist wahnsinnig unterhaltsam. Dennoch plätschern Passagen wie „Weihnachten bei den Hitlers“ so dahin, dass man manchmal vergessen könnte, dass es um die Geschichte eines abscheulichen Massenmörders geht. Naja, hauptsache die vom Stern hochangepriesenen Originalaufnahmen sind diesmal echt.
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