AfD – eine Abrechnung
Die Partei „Alternative für Deutschland“ – kurz AfD – gibt es noch nicht besonders lange, aber dafür ist sie ziemlich erfolgreich. Gestartet als Anti-Euro-Partei scheint sie jetzt zunehmend in eine christlich-konservative Ecke zu driften. Und will damit bei der Europawahl im Mai Stimmen einfangen…
Hier wird geklotzt – nicht gekleckert. Im Februar vergangenen Jahres gegründet, hat die AfD bereits im Mai über 10.000 Mitglieder. Inzwischen sind es über 17.500 – und jetzt soll auch endlich die erste Wahl gewonnen werden, nachdem man bei der Bundestags- und der Landtagswahl in Hessen noch an der 5%-Hürde gescheitert war. Die Europawahl ist das große Ziel: Und das passt wie die Faust auf’s Auge, so als Anti-Euro-Partei, eigentlich als Anti-Europa-Partei. Der Parteivorsitzende Bernd Lucke erklärt zum Beispiel: „Was wir wollen ist, dass die Südeuropäischen Staaten aus dem Euro ausscheiden.“
Ja, solche Leute im europäischen Parlament sitzen zu haben macht durchaus Sinn. Die AfD ist ein Wolf im Schafspelz. Lucke zum Beispiel kommt als biederes, smartes Kerlchen daher. Schmal und unscheinbar – Typ Schwiegermutter-Liebling, immer lächelnd. Und gebildet ist er auch noch – schließlich ist er Professor Doktor. Er ist klug genug, seine populistischen Ansichten so zu verpacken, dass sie gar nicht so böse klingen wie sie sind: „Es wäre, glaube ich, ein Unrecht gegenüber sehr ungebildeten Menschen oder Menschen, die aus sehr rückständigen Gebieten kommen, sie hier in einer modernen und komplexen Gesellschaft aufzunehmen und sie dann ihrem Schicksal zu überlassen, was dann irgendwie aus HartzIV bestehen könnte – denn damit werden die Menschen nicht glücklich.“ Ja nee, das geht natürlich gar nicht. Dann lassen wir sie lieber da wo sie sind – die Rückständigen und Ungebildeten. Sonst kriegen die hier noch Komplexe…
Schön waren die Zeiten, als Populisten und Rattenfänger wenigsten auch noch offensichtlich scheiße rüberkamen. Das schafft Beatrix von Storch schon eher. Die Herzogin aus Oldenburg ist Direktkandidatin für Berlin-Mitte und erzkonservativ. Wenn sie mit ihrem Megaphon auf einem Autodach steht und ihre Unterstützer anbrüllt, dann kommen durchaus Assoziationen hoch…
Das Gefährliche an der AfD ist, dass sie – zumindest nach außen – kein tumber Haufen ist, wie zum Beispiel die NPD. Hier tummeln sich Professoren, Juristen, Wirtschaftsexperten – oder eben der Adel. Als Hans-Olaf Henkel der Partei beitrat, war das ein unbezahlbarer Imagezugewinn. Jetzt ist der neoliberale Ex-BDI-Chef Spitzenkandidat für die Europawahl. Konservatives Bildungsbürgertum fischt am rechten Rand – obwohl das natürlich totaler Quatsch ist, wie Lucke behauptet: „Ich habe nie irgendein ausländerfeindliches Wort benutzt.“
Nein, die Drecksarbeit überlassen sie anderen. Während die feinen Herren und Damen im Salon sitzen, spricht Frank Franz vom Bundesvorstand der NPD eine Wahlempfehlung aus: „Wenn dir nun eine Organinsation wie die AfD, die vollgestopft ist mit Professoren und Wissenschaftlern – also Fachleuten, genau das erklärt, was die NPD seit vielen Jahren sagt, dann kommt dieser Organisation eine sogenannte Türöffner- oder Eisbrecherfunktion zu.“
Na Herrlich! Und dem rechten Blatt „Junge Freiheit“ gibt man auch gerne Interviews – aber natürlich ist das laut Lucke nur der Demokratie dienlich: „Auch der Leserschaft der Jungen Freiheit, von der ich glaube, dass ein Teil von ihr gewisse rechte Tendenzen hat, dass man dieser Leserschaft deutlich machen muss, dass die Anliegen, die sie haben, auch bei demokratischen Parteien vertreten werden.“
Die unsägliche Petition gegen sexuelle Vielfalt an Baden-Württembergs Schulen, die hat man natürlich auch kräftig unterstützt. Und all diese Themen wabern unter dem Deckmantel vermeintlicher christlicher Werte. Gegen Homos, gegen Muslime, gegen Fremde.
Eine Art Religionsruck geht durch die Partei. Die, denen das zu weit geht, resignieren – so wird der Rücktritt von AfD-Sprecherin Dagmar Metzger vor wenigen Tagen zumindest gewertet. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung schreibt, die AfD sei auf dem besten Wege, die deutsche Tea Party zu werden. Ein Sammelbecken aus frustrierten Konservativen aller Parteien und dem braunen Rand. Ekelhaft.