Anderson .Paak – Malibu | Spätzünder
Es ist überall so, nicht zuletzt bei der Musik: Manchmal braucht man einfach länger. FluxFM Spätzünder beschäftigt sich deshalb mit Alben, die uns erst auf den zweiten Hördurchlauf so richtig ans Herz gewachsen sind. Egal, ob’s um alte Perlen oder aktuelle Beats geht, schließlich kennt auch die Liebe auf der zweiten Rille kein Alter. Diesmal beschäftigen wir uns mit:
Anderson .Paak – Malibu
Zum Mitgrooven und Nachhören gibt’s hier den Beitrag in voller Länge zum Nachhören:
Gerade einmal neunzig Sekunden muss man die Platte gehört haben, und schon erfährt man alles über US-R&B-Sänger und -Rapper Brendan Paak Anderson alias Anderson .Paak – fast mehr als uns lieb ist. Die Mutter ist spielsüchtig, der Vater im Gefängnis, seine Geschwister und er sind auf sich alleine gestellt. Was er auf seinem Debüt Venice noch tunlichst vermied, zelebriert er jetzt umso größer. Er erzählt auf seinem zweiten Album Malibu vor allem über sein eigenes Leben. Doch wie bei jeder guten Platte hat auch diese mehrere Ebenen und eine größere Allgemeingültigkeit, als es auf den ersten Hör den Anschein hat.
Auf satten 61 Minuten Spielzeit reflektiert Anderson .Paak zum einen sein eigenes Leben, zum anderen seinen plötzlichen Ruhm. Vom gefeuerten Cannabis-Farmarbeiter – ohne Obdach, aber mit Frau samt neugeborenem Kind – zum Shootingstar des US-Raps. Und das in nicht einmal einem Jahr. Man fühlt sich an eine moderne Version von Cinderella erinnert, und so weit hergeholt ist das noch nicht mal. Dieser plötzliche Aufschwung kam übrigens mit seinen gleich sechs Auftritten als Feature-Artist auf Dr. Dres Spätwerk Compton. Wendepunkt und Katalysator gleichermaßen, quasi.
Die faszinierenste Musik ist die, deren Einordnung unmöglich scheint. Wenn das oberste Maxime ist, muss Malibu zu den Platten des Jahres zählen. Paaks Selbstverständnis als Soundforscher sowie Grenzgänger zwischen dem Soul und Jazz der sechziger Jahre, dem Disco-Funk aus den Siebzigern und zeitgenössischem R&B bzw. Hip-Hop, zählt zum visionärsten, was 2016 musikalisch zu bieten hatte.
Alle Stile, Facetten und Vignetten fließen bei Anderson Paak zu einer spannenden Rap-Erzählung zusammen, die erfrischenderweise mal nicht im Ghetto spielt, sondern in den überwiegend weißen, kulissenhaft wirkenden Strandvororten von Los Angeles. Eingehüllt im wohlig-warmen Retro-Soundgewand erzählt uns Paak mitreißend von seiner Selbstermächtigung. Davon, wie ihn die Musik gerettet hat und er sich mit ihr eine Zukunft erkämpfen konnte.
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