Das problematische Comeback der Schallplatten
„Totgesagte leben länger“, heißt es – im Fall der Schallplatte stimmt das auf jeden Fall. Für viele ist die gute alte LP immer noch das stilvollste Medium, um Musik zu hören. Passt ja auch zum allgemeinen Trend – weg vom Konsum industrieller Massenware zurück zu Handwerk und analogen Hobbies, wie Angeln, Stricken oder Löten. Aber mal im Ernst: Warum das Comeback der Schallplatte nicht unproblematisch von statten geht, hat Zarah- Louise Roth für euch recherchiert:
Seit einigen Jahren steigen die Verkaufszahlen von Vinyl wieder. Letztes Jahr wurden weltweit fast acht Millionen Schallplatten verkauft. In einschlägigen Musik-Blogs und Magazinen ist wahlweise die Rede vom Comeback, Siegeszug oder der Renaissance der LP. Das Problem dabei: Die Kapazitäten zur Herstellung von Platten sind begrenzt. Raik Hölzel vom Berliner Hersteller Handle with Care:
„Es gibt keine neuen Schallplattenherstellungs- oder Pressmaschinen. Die meisten Maschinen stammen aus den 70-er Jahren. Es wurden nie wieder neue gemacht, weil ja die Schallplatte vermeintlich tot war. Und heute nochmal neue Maschinen herzustellen, wäre viel zu aufwendig, weil der Schallplattenmarkt zwar boomt, aber trotzdem gemessen am gesamten Musikmarkt immer noch eine kleine Nische ist.“
Nische bedeutet: 2013 wurden gerade mal 2% des Gesamtumsatzes mit LPs gemacht. Trotzdem: der Bundesverband der Musikindustrie verzeichnet einen enormen Wachstumsschub in den letzten Jahren. Bei Handle with Care werden die LPs – wie bei den meisten Herstellern – nicht vor Ort gepresst, sondern in verschiedenen Presswerken. Davon gibt es nur noch ein gutes Dutzend in Deutschland. Vor der CD sah das anders aus.
„Die meisten, die großen, Universal, Sony, Warner, Emi hatten alle eigene Presswerke für Schallplatten. Die haben sie alle zugemacht, weil sie dachten, die Schallplatte ist tot. Und äh, das rächt sich jetzt.“
Die Szene ist übersichtlich geworden. Und so passiert es auch schon mal, dass, wenn in Skandinavien ein Presswerk zumacht, die Branchenkollegen aus aller Herren Länder wie die Geier angeflogen kommen, um eine der heißbegehrten Pressmaschinen abzugreifen.
„…um die selber in Schuss zu bringen, selber zu benutzen oder auch als Ersatzteillager. Das ist sicherlich nicht endlos ausdehnbar.“
Aus diesem Grund setzen Labels auf Qualität statt Quantität: Hochwertig gedruckte Cover, Downloadcodes, buntes, gemustertes Vinyl…
„Das Ästhetische, was halt bei ner Schallplatte ein riesen Benefit is, dass das in den Vordergrund rückt. Das das einfach Collectors Items von vorneherein werden, mit tollen Artworks…was halt ne CD, egal was man damit macht, niemals liefern und leisten kann. Und das find ich halt schon gut.“
Die Diskussion um die Klangqualität LP versus andere Medien findet Raik Hölzel skurril – hört doch heute fast jeder seine Musik unterwegs übers Smartphone im komprimierten mp3-Format.
„Das ist wie mit dem Essen. Man kann essen, um elementare Bedürfnisse wie Hunger zu befriedigen. Man kann das aber auch zelebrieren. Und dann sind dabei auch die Dinge drumherum oder auch wie das Essen aussieht, elementar wichtig.“
Fast Food oder Haute Cuisine – mp3 oder Vinyl? Das ist hier die Frage…
Auch wenn die Platten heute mit alten Maschinen hergestellt werden: Die Klangqualität steigt und eine gute Investition sind sie auch. Nicht umsonst nennt man Vinyl „das schwarze Gold“. Richtig behandelt halten sie ewig und steigen oft im Wert.
Übrigens: „handle with care“stellen außer LPs auch CDs, DVDs und Merchandise her. Für mehr Infos geht auf handlewithcare.de
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