Mit Journalist Tobias Rüther und Toningenieur Eduard Meyer auf den Spuren von David Bowies Berlin-Trilogie
Als Singer/Songwriter machte er Ende der 60er auf sich aufmerksam, dann stieg er in Großbritannien zur Glam Rock-Ikone Ziggy Stardust auf und schließlich eroberte er ab Mitte der 70er mit Soul- und Blues-Anleihen als The Thin White Duke auch die USA.
Und dann? Dann kam erst einmal nichts. Denn David Bowie war ausgebrannt und zog nach Berlin. Hier entstand dann ab 1977 die Berlin-Trilogie mit den drei Alben Low, Heroes und Lodger. FluxFM-Redakteurin Friedi Schröder über drei Alben voller Strahlkraft, mit denen Bowie eine komplett neue musikalische Richtung einschlug.
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Los Angeles, 1976: David Bowie ist am Ende seiner Kräfte angelangt. Mit Songs wie Fame oder Golden Years hat der Thin White Duke, wie sich Bowie selbst nennt, die USA im Sturm erobert. Heimisch fühlt er sich in Los Angeles allerdings nicht. Bowie ist desillusioniert und dem Kokain verfallen. Künstlerische Leere, Heimweh nach Europa und eine Faszination für Deutschland treiben ihn und seinen besten Freund Iggy Pop schließlich nach Berlin. Mit dem lebt und werkelt er zunächst an dessen Alben The Idiot und Lust for Life, die beide 1977 erscheinen.
Mit dem Produzenten Tony Visconti und dem Musiker Brian Eno wendet sich David Bowie dann kurz darauf aber wieder seinem eigenen Schaffen zu. Im großen Meistersaal der Hansa Studios, mit Blick auf die Mauer, entsteht in Teamarbeit das Album Low, das randvoll ist mit eher untypischen Bowie-Songs wie beispielsweise Wheeping Wall. Eduard Meyer war damals als Toningenieur bei den Aufnahmen dabei:
„Er suchte sich dann ein Marimbaphon, und fing auf dem Marimbaphon an zu spielen und übte da ein bisschen drauf. Es war wie ein Geklöppel, als wenn man Klöppelseide herstellt. Und dieser Teppich, der dann aus diesen Marimbaklängen entstand, wurde dann die Basis für diesen Song.“
Low wird später als das erste Album der Berlin-Trilogie in die Geschichte eingehen und markiert einen Schnitt in Bowies musikalischem Schaffen, meint Journalist Tobias Rüther, Autor von Helden, ein Buch über Bowies Zeit in Berlin:
„Er kommt nach Berlin, beziehungsweise kommt erst nach Frankreich, um dort Low aufzunehmen, und macht da komische Elektrosmog-Musik, seltsames Zeug, und singt nicht mehr. Und das ist glaub ich das radikalste, was je ein Popstar sich geleistet hat. Und da ist er der Pionier darin, zu sagen: Ich mach jetzt nicht mehr Pop, ich mach Kunst.“
Low besteht zur Hälfte aus Instrumentalstücken. Besonders in diesen Songs hört man den Einfluss von Bands wie Kraftwerk oder den Krautrockern von Neu! und natürlich auch die Soundlandschaften von Brian Eno. Genau diese Mischung dominiert auch das zweite Berlin-Werk Heroes, das als Herzstück der Trilogie. Es ist als einziges komplett in Berlin enstanden.
Die Single Heroes sollte später zu dem Bowie-Song werden – eigentlich seltsam, findet Rüther:
„Das Komische ist: Eigentlich ist das ja ein wahnsinnig langes Lied, das dauert sechs Minuten. Dann ist es so ein Shoegaze-mäßiger Feedback-Lärm, durch Fripps Gitarre und so, es ist jetzt eigentlich nichts Richtiges zum Mitsingen oder Mitpfeifen. Irgendwie hat er es geschafft, da ’ne eigene Form zu finden von so künstlerischem Anspruch und Popsong.“
Die Berlin-Trilogie schließt mit dem Album Lodger, in dem besonderst viel Berlin steckt: Auch wenn es an anderen Orten entstand, reflektiert Bowie auf dieser Platte seine Berlin-Zeit. Insgesamt gehörten die zwei Jahre in Berlin zu den kreativsten seiner Karriere. Rüther:
„Bildende Künste, Schauspielerei, Malerei, Geschichte. All das kommt so zusammen. Und das ist in dieser Phase 1976-78, auf diesen Platten, da hat er im Griff gehabt, wer er als Künstler sein wollte.“
Ein Künstler findet zu sich selbst. Und das haben wir auch den Berlinern zu verdanken, denen der Weltstar Bowie einfach egal war. Danke, dafür, liebe Berliner. Bleibt wie ihr seid.