Europawahl No.6 – Griechenland

▷ Letzte Änderung: 2014-05-16
By Diana Hagenberg [FluxFM] |

Wir beschäftigen uns in der neuen Ausgabe weiter mit Thema Europawahlen – diesmal geht es um das Sorgenkind Griechenland. Griechenland ist ein Sonderfall. Nicht zu vergleichen mit den anderen krisengeschüttelten Staaten wie Spanien, Portugal oder Irland. Wie steht Griechenland inzwischen da? Anna Ellger über den Ist-Zustand.

Griechenland steht wie kein anderes Land für die Wirtschaftskrise – und das ist durchaus logisch. Zu groß sind die Probleme, zu umfangreich der notwendige Sanierungsbedarf. Die Verschuldung wurde jahrelang verschleiert – mit freundlicher Unterstützung US-amerikanischer Banken. Obendrauf ein aufgeblähter Verwaltungsapparat, der seinesgleichen in Europa sucht. Korruption und Verschwendung öffentlicher Gelder – das alles ist über Jahrzehnte gewachsen und tief in System und Gesellschaft verankert. Das alles ist bekannt. Wie sieht es nun aus – nach zwei Rettungspaketen und diversen Sparmaßnahmen? Claus Hulverscheid, Leiter der Wirtschaftsredaktion bei der Süddeutschen Zeitung sagt:

„Es gibt eine Reihe ganz guter Nachrichten aus Griechenland in den letzten Monaten. Insofern würde ich sagen: Das Glas ist in Griechenland halbvoll! Man muss auch würdigen, was dort geleistet worden ist, aber über den Berg sind sie noch nicht.“

Die Richtung stimmt also schon mal. Und das zeigt sich auch am Kapitalmarkt: Die griechische Regierung ist wieder kreditwürdig – zum ersten Mal seit Ausbruch der Krise vor vier Jahren haben private Investoren Athen Geld geliehen. Zu guten Konditionen mit einem vergleichsweise günstigem Zinssatz. Außerdem erwarten Experten in diesem Jahr erstmals wieder ein Wachstum. Zwar nur zwischen 0,5 – 2 Prozent – aber immerhin! Die Hoffnung ist groß, dass ein ein drittes Rettungspaket nicht notwendig sein wird. Aber sicher ist das nicht. Claus Hulverscheid:

„Das hängt sehr stark von der Entwicklung in den nächsten Monaten ab, und ob es den Griechen gelingt, die Entwicklung zu stabilisieren. Sehr wichtig ist dabei auch der Bilanztest der griechischen Banken, den die Europäische Zentralbank im Sommer und Herbst duchführen wird. Wenn die Banken ausreichend Kapital haben, dann könnte es durchaus sein, dass man ohne ein drittes Hilfspaket auskommt. Aber sicher ist das nicht!“

Sicher ist gar nichts, wenn es um Griechenland geht. Das war von Beginn an so. Als das Land 2001 der Eurozone beitrat, waren die Angaben geschönt – und das hohe Staatsdefizit wurde verschleiert. Die EU drückte beide Augen zu – doch selbst das war noch zu wenig. Claus Hulverscheid:

„Dass man Griechenland damals in die Europäische Währungsunion aufgenommen hat, war eindeutig eine politische Entscheidung. Man wusste, dass es Schwierigkeiten gibt, dass vielleicht auch die Zahlen nicht ganz exakt so sind, wie sie die Griechen selber angegeben haben. Man wusste allerdings nicht das Ausmaß der Fälschung. Aber man wusste wohl, dass Griechenland ein Wackelkandidat ist.“

Und als dann die Wirtschaftskrise Fahrt aufnahm und die ersten Banken pleite gingen, platzte die Seifenblase und das Land wurde im Strudel mit heruntergerissen. Der Rest ist Geschichte. Inzwischen läuft das dritte Kürzungspaket der Regierung – auf Druck der EU. Bis 2015 wird weiter hart gespart: Ausgaben wurden drastisch gekürzt, Steuern erhöht und viel Tafelsilber – wie staatliche Immobilien – verkauft. Nach anfänglichen Massenprotesten hat sich die Stimmung im Land verändert. Claus Hulverscheid:

„Ich hatte zuletzt als ich dort war den Eindruck, dass die Stimmung nicht so aufgeladen und gewaltätig war, wie das hier manchmal rüberkommt. Die Leute sind eher ein bisschen depressiv. Aber sie wissen, dass die Probleme hausgemacht sind und letztlich kein Weg daran vorbeiführt,sie zu lösen.“

Dafür sind im Gegenzug andere Probleme entstanden. Die stark angestiegene Armut im Land, die hohe Arbeitslosigkeit, die nach wie vor weit verbreitete Korruption – und die erstarkten Rechtsradikalen. Die Partei der „Goldenen Morgenröte“ liegt in Prognosen für die Europawahl derzeit bei acht Prozent.

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