Antilopen Gang – Anarchie und Alltag | Frisch gepresst
Die politische Attitüde der Alben Aversion und Abwasser ebnete den Weg in die Talk-Shows und Playlisten des Landes. Heute bringen die Rapper Koljah, Danger Dan und Panik Panzer ihr nächstes Machwerk in die Plattenläden: Anarchie und Alltag. Torben Lehning aus der Wortredaktion hat sich die neue Antilopen Gang-Platte schon mal angehört.
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Da haben wir dumpfbackigen Medienmacher uns die letzten zwei Jahre aber ganz schön einlullen lassen. Wir haben sie kuratiert, hofiert und in sämtliche Shows eingeladen. Die antideutsche Antilopen Gang hat es mit ihren politischen Botschaften bis in die Tagesschau geschafft:
„Trotzdem würden wir es mittelfristig gerne versuchen, die Bundesrepublik aufzulösen, und damit dann auch alle Parteien.“
Während eingefleischte Fans der ersten Stunde schon mahnend den Zeigefinger hoben und eine entpolitisierte Antilopen Gang prophezeiten, strafen uns Danger Dan, Koljah und Panik Panzer mit ihrer Platte Anarchie und Alltag Lügen. Das war alles nur Verschleierungstaktik. Doch sie erklären es am besten gleich selbst – mit ihrem Song Das Trojanische Pferd:
„Ihr sollt den Tag nicht vor dem Abend loben.
Ihr habt das trojanische Pferd durch die Tore eurer Stadt geschoben.
Ihr habt gedacht, ihr könntet uns dressieren.
Doch wir haben euch überlistet und zerstören euch von innen.“
Doch wozu das Ganze? Warum auf einmal große Bühne anstatt autonomes Zentrum? Weil politische Botschaften nicht nur für die sind, die gar nicht erst Beate Zschäpes Musikgeschmack kennen mussten, um über den NSU nachzudenken. Koljah:
„Ich glaube, dass wir mit der Antilopengang mittlerweile in einer Position sind, mit der wir tatsächlich auch mal Leute erreichen, die nicht aus so einer Politbubble kommen und sich nur gegenseitig auf die Schulter klopfen.“
Doch was ist die Messages des neuen Antilopen-Machwerks? Die Welt ist zum Fortlaufen. Wer ist hier eigentlich krank? Panik Panzer im Song Patientenkollektiv:
„Und wer nicht krank wird vom Gedanken, ist am Ende vielleicht kränker als die angeblichen Kranken.“
Aber kein Grund zum Verzweifeln. Die Krankheit kann man nutzen. Hier die Hook aus Patientenkollektiv:
„Kommen wir schließen uns zusammen im Patientenkollektiv.
Die Konzerte, die wir spielen, sind ’ne Gruppentherapie
Die Welt ist krank und sie macht, dass du leidest.
Du giltst als gesund, wenn du nicht daran verzweifelst.
Kommen wir schließen uns zusammen im Patientenkollektiv.
Die Konzerte, die wir spielen, sind ’ne Gruppentherapie.
Heilung ist der Feind. Wer noch klarkommt, der ist abgestumpft.
Wir machen aus der Krankheit eine Waffe – Punkt.“
Verzweiflungstaten mit Handlungsanweisungen. Die größtenteils selbstproduzierten Beats kreieren mit den nahezu depressiv-nachdenklichen Texten ein düsteres und sehr starkes Antilopen-Album. Doch auch der Humor kommt nicht zu kurz. Wie zum Beispiel im Song Tindermatch, wenn die gehörnten Antilopen Deso Dog und Lutz Bachmann auf Grund gemeinsamer Interessen ein Tindermatch unterstellen:
„Es gibt immer wieder Tage, an denen fühlt er sich allein.
Und er gibt seine Interessen in der Datingseite ein.
Doch die Vermittlungsvorschläge führen zu einem seiner Feinde.
Man könnte fast schon meinen, es gäbe bei beiden Überschneidungen.“
Zusammengefasst: Der Titel des Albums beschreibt das Prunkstück an Deutschrap ideal: Ein bisschen Anarchie, ein bisschen Alltag, passt aber auch ganz gut zusammen, denn:
„Man kann sein Glück provozieren, doch sollte nie darauf vertrauen.
Anarchie und Alltag haben mehr gemeinsam als man glaubt.“
:infoboxtorben: