„Gern einen eSport-Verein in jeder Stadt“ | eSport-Bund Deutschland gegründet
Der vergangene Sonntag war ein geschichtsträchtiger Tag für die eSport-Szene in Deutschland. In Frankfurt gründete sich der eSport-Bund Deutschland als neuer Dachverband. Über die Pläne und Ziele des Verbands hat FluxFM-Redakteur Ron Stoklas mit Verbandspräsident Hans Jagnow im Interview gesprochen.
Das Interview mit Hans Jagnow
Hier gibt es das komplette Interview mit Hans Jagnow zum Nachhören. Er ist der Präsident des eSport-Bundes Deutschland.
Ein Verband für Profis und Amateure
Was im Fußball der Deutsche Fußball-Bund ist, ist seit dem 26. November der eSport-Bund Deutschland, kurz ESBD, für die eSport-Szene: Ein Dachverband, der die deutschsprachige eSport-Landschaft und die organisierten Spielerinnen und Spieler hierzulande repräsentiert. Ein Novum für die Szene, bislang fehlte es an so einer gemeinsamen Interessenvertretung – und das in einer Zeit, in der auch TV-Sender und Zeitungen regelmäßig über eSport-Events berichten. Hans Jagnow, der erste Präsident des eSport-Bundes Deutschland, über die Bedeutung des Verbandes:
„Es ist wichtig, dass nicht jeder – um das mal salopp auszudrücken – sein eigenes Süppchen kocht, sondern, dass wir unsere Ressourcen bündeln, geeint und integriert auftreten und in der zukünftigen Arbeit versuchen alle Interessen gleichberechtigt zu vertreten und mit dem ESBD eine Plattform schaffen, um über Probleme oder Herausforderungen zu reden.“
Insgesamt 22 Organisationen zählen zu den Gründungsmitgliedern des ESBD. Neben Vereinen aus dem Breiten-, Hochschul- und Spitzensport gehören auch Verbände wie der Bundesverband Interaktive Unterhaltssoftware oder der Turnier-Organisator Electronic Sports League dazu. Damit, so Hagnow, versucht der ESBD den organisierten eSport in Deutschland in seiner ganzen Breite zu repräsentieren.
Die Anerkennung als Sportart fehlt (noch)
Die Ziele des ESBD sind schon jetzt klar formuliert. Es geht dem Verband darum die Anerkennung des eSports als gemeinnützig sowie als Sportart zu erreichen. Dazu müssen laut Jagnow Gespräche sowohl auf politischer Ebene als auch mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) geführt werden. Letzterer ist in Deutschland dafür verantwortlich Sportarten offiziell anzuerkennen. Während eSport nämlich in über 60 Nationen von etablierten Verbänden des organisierten Sports anerkannt wurde – darunter die Niederlande, China, Südkorea, Schweden, Bulgarien und Großbritannien -, fehlt diese Anerkennung in Deutschland bislang.
Mit der Gründung des ESBD könnte sich das zeitnah ändern. Dass man das Thema bei der Dachorganisation des deutschen Sports nicht ignoriert, zeigte sich bei der ESBD-Gründungsversammlung in Frankfurt. Dort war ein DOSB-Vertreter vor Ort, wie Jagnow im Gespräch erzählte. Zudem wurde die Gründung des eSport-Bundes vom DOSB-Vorstandsvorsitzende Michael Vesper begrüßt, der sich am Montag am Rande eines Expertenforum rund um das Thema eSport in Frankfurt äußerte.
„Dadurch haben wir einen Ansprechpartner. Wir sind derzeit dabei, eine Arbeitsgruppe zu gründen, die sich mit den für den Sport relevanten Aspekten beschäftigen wird und freuen uns auf einen intensiven Austausch.“ (Quelle: DOSB)
Was ist eSport?
Der Begriff eSport (engl.: eSports) bezeichnet das wettbewerbsmäßige Spielen von Computer- oder Videospielen im Einzel- oder Mehrspielermodus. eSport versteht sich entsprechend des klassischen Spielbegriffs und erfordert sowohl Spielkönnen (Hand-Augen-Koordination, Reaktionsschnelligkeit), als auch strategisches und taktisches Verständnis (Spielübersicht, Spielverständnis).
eSport bald bei Olympia?
Für den DOSB dürfte eSport auch deshalb interessant sein, weil der virtuelle Sport nicht nur in Deutschland, sondern weltweit auf dem Vormarsch ist. Bereits in wenigen Jahren wird eSport bei den Asienspielen 2022 erstmals Teil des Programms einer internationalen Sport-Großveranstaltung sein. Die Olympischen Spiele könnten wenig später folgen. Das Team der erfolgreichen Pariser Bewerbung für die Sommerspiele 2024 hatte bereits in Interviews erklärt, sich eSports-Disziplinen bei ihrem Turnier grundsätzlich vorstellen zu können.
Eine Vorstellung, die sicher auch Jagnow gefallen würde: Gamer, die zusammen mit allen anderen Olympioniken um Medaillen spielen. Bis es soweit ist, hat er noch einen anderen Traum: Einen eSport-Verein in jeder Stadt, wie es beim Fußball oder Handball hierzulande fast flächendeckend der Fall ist. Das möchte Jagnow künftig mit Hilfe des eSport-Bund Deutschland realisieren.
Hans Jagnow im Kurzportrait
Hans Jagnow ist Vorstandsmitglied im 1. Berliner eSport – Club e.V.. Dort leitete er bisher die Kommunikationsarbeit. Sein Studium der Rechtswissenschaften in Frankfurt (Oder) und Berlin hat er im Oktober 2017 abgeschlossen. Seit einigen Jahren arbeitet er zum Thema Digitalisierung und Netzpolitik im Abgeordnetenhaus von Berlin als persönlicher Referent.
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