Karstadt Hermannplatz | Monumente
Das Karstadtgebäude am Hermannplatz hat seit seiner Eröffnung vor 90 Jahren an Glanz verloren. Wenn es nach dem neuen Eigentürmer geht, soll sich das ändern. Die Muschelkalkfassade im Art Déco Stil soll wieder aufgebaut werden. Mila Weidelhofer aus der FluxFM-Redaktion hat die Geschichte des Gebäudes genauer unter die Lupe genommen.
Chrysler Building, Empire State Building und klar: Karstadt am Hermannplatz. Hö? Aber hallo! 74.000 Quadratmeter, sieben Stockwerke, größer als das KaDeWe und damit das größte Kontinentalwarenhaus Europas. 1929 wird das Karstadtgebäude am Hermannplatz nach nur 16 Monaten Bauzeit eröffnet. Das Haus steht damals für Wohlstand und Modernität, sagt Dr. Hanno Hochmuth, Historiker am Zentrum für Zeithistorische Forschung in Potsdam:
„[…] Karstadt am Hermannplatz war auch eine architektonische Sensation, weil es in einem neuen Stil daher kam. Nämlich im Art Déco Stil, der in Berlin bis dahin noch nicht so verbreitet gewesen ist und plötzlich hatte man ein Stück Manhattan am Hermannplatz.“
Viel ist vom Manhattenflair und der Muschelkalkarchitektur der Fassade nicht geblieben. Dort, wo einst zwei charakteristische Türme 72 Meter in die Höhe ragten, finden Kund*innen heute eine Bausünde aus den 1950er Jahren, wie Dr. Hanno Hochmuth sagt:
„Die Türme dienten so ein bisschen als Reminiszenz an das antike Babylon. Auch früher war Berlin als Babylon ein Begriff. Eigentlich sieht Karstadt am Hermannplatz auch grade mit diesen Türmen aus wie ein babylonisches Zikorat, also wie ein altbabylonischer Tempel.“
Die hell erleuchteten Türme dienen in den 30er- und 40er-Jahren auch als Orientierung für die Flugzeuge, die im nahegelegenen Flughafen Tempelhof landen. Nicht nur die Türme sollen jetzt zurückkommen. Neben einem Schwimmbad, einer Sportstätte und einer Markthalle ist die spektakuläre 4000 Quadratmeter große Dachterrasse ein Anziehungspunkt für bis zu 5000 Besucher*innen.
Vorreiter in Europa: Der U-Bahnhof Hermannplatz
Als erstes Kaufhaus in Europa verfügt Karstadt am Hermannplatz über einen direkten Zugang zur U-Bahn. Das ist nur logisch. Der U-Bahnhof Hermannplatz wird zur selben Zeit wie das Kaufhaus gebaut. Neben einer der alten Fassaden an der Südseite, ist der U-Bahnzugang das Einzige, was heute noch vom Originalbau erhalten ist. Zerstört wird das Haus nicht von Kriegsbomben. Noch heute zu sehen: Der Hermannplatz bleibt im Krieg zum Großteil unversehrt, sagt Dr. Hochmuth.
„Die eigentliche Zerstörung kam eine Woche vor Kriegsende. Da die SS das Gebäude selbst zerstört hat, weil in dem großen Karstadtgebäude viele Lebensmittel gehortet wurden. Die SS wollte nicht, dass die Lebensmittel den ankommenden sowjetischen Truppen in die Hände fallen. Deshalb hat die SS das Gebäude selber in die Luft gesprengt.“
So pragmatisch wie der Baustil der Nachkriegsmoderne auch ist, der Hermannplatz bekommt seinen alten Glanz nicht zurück. Aber: Was jetzt nicht ist, soll schon bald werden.
Bis jetzt möchte der Eigentümer, die Firma Sigma aus Wien, einen Umbau noch nicht offiziell bestätigen. Aus Sigmakreisen heißt es allerdings, dass die zwei Türme, die Dachterrasse und die Fassade im Art Déco Stil wieder aufgebaut werden sollen.
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