Spleen teilen auf Spleen24
Es gibt Leute, die kauen sich die Fingernägel ab, wenn sie nervös sind. Andere müssen jedes Mal, wenn sie das Haus verlassen, dreimal an der Tür rütteln, um zu checken, ob sie auch wirklich zu ist. Oder auf dem Nachhauseweg den Schlüssel schon zwei Ecken vorher raus kramen. Diese kleinen seltsamen Angewohnheiten nennt man auch Spleens – der Blogger und Werbetexter Christian Brandes hat ihnen jetzt eine ganze Webseite gewidmet: Spleen24. Sonst betreibt Christian übrigens auch dasa Blog Schlecky Silberstein aka Spiegel Offline. Und Zarah-Louise Roth hat mit ihm gesprochen:
Was ein Spleen eigentlich genau ist, ist auch für Christian Brandes nicht einfach zu beantworten, Aber er ist sich sicher: Jeder hat mindestens einen:
„Es geht ja gerade darum, dass man mit seinen Spleens ein bisschen lockerer umgeht, weil viele Sachen gar nicht dramatisch sind. Ich habe über die Seite zum Beispiel erfahren, dass es absolut okay ist, in Zeiten der Nervosität sich Nasenhaare raus zu rupfen.“
Die Idee zu Spleen24 entstand aus einem Silvestervorsatz. Christian dachte sich, die großen Vorsätze wie nicht mehr rauchen, würde er sowieso nicht einhalten. Also schrieb er ein paar kleine Sachen auf, die ich an sich ändern wollte. Schnell war eine DinA4-Seite voll…
„Und dann musste ich halt gucken, ob das noch normal ist oder nicht und hab nach einer Möglichkeit gesucht, das in irgendeiner Form anonym in den Raum zu stellen, um mal zu gucken ob Leute sagen: Ja das hab ich auch – oder nicht. Das war die Grundidee zu Spleen24.“
Zu der in fünf Minuten enstandenen Idee erstellt der hauptberufliche Werbetexter schnell ein Tumblr. Das geht von Anfang an durch die Decke…
„…und zwar so schnell, dass ich binnen kürzester Zeit meine Mutter zur Social-Media-Managerin umschulen musste, die jetzt mit mir gemeinsam die Sachen gegenliest.“
Spleen24 ist erst einen Monat alt, aber die Facebook-Page hat schon an die 6000 Fans – Tendenz steigend. Die meisten geposteten Spleens sind harmlos, wie Nase popeln oder Bonbons kauen. Der Übergang zur Zwangsneurose ist jedoch fließend, sagt Brandes:
„Da gab es zum Beispiel einen, da war ich echt geschockt. Der muss unbedingt immer ein Gleichgewicht herstellen. Das heißt, wenn er sich mit der linken Hand an der Herdplatte verbrennt, dann muss er das mit der rechten Hand auch nochmal erleben. Da muss man dann auf jeden Fall über Hilfe nachdenken.“
Vielen Usern dient die Seite zum sozialen Abgleich – und beruhigt sie.
„Ich kriege häufig Zuschriften, in denen Leute sagen, bevor sie rausgehen mit ihrer Meinung, brauchen sie erstmal eine Zeit auf Spleen24, um sich sozial zu erden und festzustellen, dass sie eigentlich ganz normale Menschen sind.“
Es ist eben schön zu wissen, dass irgendwo irgend jemand immer noch ein bisschen verrückter ist als man selbst – oder wenigstens genauso verrückt.
„Beim Lesen ist es auch immer eine Achterbahnfahrt der Gefühle, dass man manchmal hoch belustigt ist und manchmal schwer geschockt. Aber unterm Strich wird man glaube ich immer schön mit der Menschheit versöhnt.“
Wenn ihr jetzt mehr wissen wollt: Auf Spleen24 könnt ihr die merkwürdigen Verhaltensweisen anderer Leute nachlesen, euch wiedererkennen – oder anomyn eure eigenen posten und gucken, ob irgendwo da draussen Menschen ähnlich ticken.
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