Museum der Dinge in Kreuzberg | FluxFM Care-Week
10.000 Dinge – soviel besitzt ein Mensch im Durchschnitt. Diese Woche widmen wir uns den diesen Dingen – mit der FluxFM Care-Week. Und wo könnte man sich besser mit Dingen auseinandersetzen, als im Museum der Dinge in Kreuzberg? Hier stapeln sich Objekte aller Art aus der Massen- und Warenkultur des 20. und 21. Jahrhunderts. Unsere FluxFM-Redakteurin Jasmin Kröger hat einmal vorbeigeschaut:
FluxFM Care-Week: Museum der Dinge in Kreuzberg
Im dritten Stock in der Oranienstr. 25 zwischen Kreuzberger Cafes, Yogaschulen und Spätis liegt das Werkbundarchiv – das Museum der Dinge. Wie in einer Geheimkammer sind die Räume hier bis unter die Decke mit Vitrinen gefüllt, darin: Design bis Nippes aus über 200 Jahren Warenkultur. Renate Flagmeier, leitende Kuratorin führt mich durch eine Welt aus Klobürsten, Michelin-Figuren, Mona-Lisa-Replikaten und Design-Vasen. Vor zwei Paar Salzsteuern, einmal schlicht funktional und einmal in Katzenform, bleiben wir stehen. Sachlich vs. Kitschig – das ist verkürzt eine Art Sehanleitung für das Museum der Dinge – denn Kernthema ist der sogenannte Deutsche Werkbund.
„Das war ’ne wichtige Reformbewegung des 20. Jahrhunderts, vor dem Bauhaus, der ist ja allgemein bekannt. Der Werkbund nicht so, aber hat sich auch sehr stark für so eine sachliche Formgebung eingesetzt und hat sich sein Leben lang gegen Kitsch eingesetzt.“
Und noch wichtiger: Für gute Qualität. Denn Made in Germany – das war Anfang des 19. Jahrhunderts ein Synonym für Ramsch. Der 1907 gegründete Werkbund eine Gruppe aus Künstlern, Kulturpolitikern und Industriellen setzte da neue Standards. Die Warenwelt teilten sie einfach mal ein in ein Richtig und in ein Falsch. Heute unvorstellbar gaben sie eine Schrift mit dem Titel: Gutes und Böses in der Wohnung an Haushalte heraus und schickten Beispiel-Boxen mit gut designten Objekten an Schulen, als Lernmaterial für die Geschmackserziehung. Imke Volkers, Kuratorin im Museum der Dinge:
„Die Kinder haben diese Kiste aufgemacht und ihnen wurde erklärt mit dem Begleitheft: Das ist jetzt eine gute Kanne, weil sie nicht nur eine schöne Form hat, sondern auch gut funktioniert.“
Plastikkrams als gutes Beispiel – das würde wohl heute so nicht mehr versendet werden. Deshalb hat Imke spaßeshalber eine zeitgemäße Vorzeige-Kiste zusammengestellt – Stichwort Nachhaltigkeit:
„Es gibt neuerdings Geschirr aus Weizenkleie, dann Zahnbürsten aus Bambus oder Kaffeetassen aus Kaffeesatz von einem Berliner Designer – allerdings muss man sich bei all dem Fragen, was ist denn dort das Bindemittel, sind die wirklich biologisch abbaubar? Und auch hier ist es sehr sehr schwer an die Informationen heranzukommen.“
Diese kritische Haltung zu Konsum und Rohstoffen kommt auch bei den Besuchern des Museums an. Zwischen den Vitrinen treffe ich auf die Kreuzbergerin Anna, sie ist mit ihrem Kind und ihrer Mutter hergekommen:
„Ich find’s unheimlich spannend um sich mal wieder bewusst zu werden, mit welchen Dingen wir uns eigentlich beschäftigen und wie wir Dinge konsumieren. Dass wir total den Bezug verloren haben zu der Herstellung von Dingen und uns gar nicht mehr bewusst sind, was für Ressourcen gebraucht werden für die Herstellung. Und das ist hier sehr heilsam und lehrreich sich das nochmal wieder vor Augen zu halten, bevor man die nächsten Dinge in die Mülltonne wandern lässt.“
Und vielleicht wären sie auch gar nicht in den Mülleimer gewandert, hätte man mehr über sie gewusst, sie besser gepflegt. Die Sehnsucht nach dem Wissen um Material und Herkunft unserer Waren – mit diesem Thema trifft das Museum der Dinge den Nerv der Zeit – und ist somit ganz bestimmt nicht nur etwas für Menschen mit Ü-Ei-Figuren-Spleen oder anderen Sammelleidenschaften.
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