Olympia, der (maskulin)
Olympia, der (maskulin)

Sexismus bei der Olympiade | Die journalistischen Fehltritte bei Rio 2016

▷ Letzte Änderung: 2016-08-22
By Fabian [FluxFM] |

Eigentlich möchte man meinen, dass es gar nicht so schwer sein kann, einfach zu beschreiben, was gerade passiert, wenn Sport von Sportlerinnen betrieben wird. Doch bei der Berichterstattung zu den olympischen Spielen 2016 in Rio treten die meisten Journalisten leider mit einer beunruhigenden Sicherheit in sexistische Fettnäpfchen. Aus diesem Grund kührt FluxFM-Redakteurin Jasmin Kröger zum Ende des Sportevents noch einmal die krassesten Fehltritte in Sachen Sexismus. Sich nur auf Gold, Silber und Bronze zu beschränken, fiel bei der Menge der Fauxpas nicht leicht. Knappe Höschen landeten nämlich genau so in den Schlagzeilen wie Bauchmuskeln und hohe Beinausschnitte und gingen in ihrer Masse beinahe im sexistischen Grundrauschen unter. Dennoch stehen sie jetzt fest, die Gewinner der Sexismus-Olympiade 2016:

Platz 5

Die Teilnehmer-Urkunde bei der Sexismus-Olympiade geht an einen Pressevertreter aus Finnland, der das Beachvolleyball-Achtelfinale zwischen Deutschland und der Schweiz kommentiert. Dort genehmigt sich die Schweizerin Isabelle Forrer in einer Pause einen Schluck Wasser, wobei der finnische TV-Kommentator blitzschnell merkt, was hier wirklich wichtig ist – nämlich ihre Brüste. Kreativ – immerhin arbeitet er in den Medien – findet er dafür einen tollen Vergleich und stellt fest: Massiv groß sind die Wasserflaschen von Isabelle Forrer!

Platz 4

Wie heißt noch gleich die Schützin, die bei Olympia für die Vereinigten Staaten Bronze errungen hat? Puh, schwer zu sagen, schließlich sind Namen furchtbar schwer zu merken. Aber dass sie mit dem Football-Spieler der Chicago Bears verheiratet ist, weiß man natürlich. Dafür geht die Ehrenurkunde an die Journalisten der Chicago Tribune, die in ihrer Zeitung titelten: Wife of a Bears‘ lineman wins a bronze medal today in Rio Olympics. Corey Cogdell, so heißt die Dame übrigens, nimmt es sportlich und bedankt sich anschließend via Twitter bei den Chicago Bears für den tollen Support.

Bronze

Über 400m gewinnt die ungarische Schwimmerin Katinka Hosszu Gold. Ein toller Erfolg, weswegen die Kamera in der Fernsehübertragung auch noch ein paar Augenblicke länger auf der Sportlerin ruht. Nach beinahe endlos erscheinenden Sekunden schwenkt die Kamera zu ihrem Ehemann und Trainer Shane Tusup, der auf der Tribüne jubelt. Dazu kommen aus dem Off folgende Worte: Und das ist der Mann, der für diesen Erfolg verantwortlich ist. Also hat Hosszu gewonnen, weil sie von einem Mann trainiert wurde. Für diese Feststellung geht Bronze an die NBC.

Silber

4(!)-Gold-Medaillen (in Worten: vier!) holt das Ausnahmetalent Simone Biles für das Gymnastik-Team der USA. Wer sie turnen sieht, dem stockt der Atem. Sie sei nicht von dieser Welt, schreiben einige Zeitungen. Nur benötigt die schreibende Zunft auch immer noch Vergleiche, um ihre Argumentation möglichst wirksam an die Leser zu vermitteln. So hat das People Magazine eine eindeutige Antwort darauf gefunden, denn sie titeln Simone Biles – Die Michael Jordan der Gymnastik. Eine männliche Bezugsgröße ist, so unglaublich es erscheinen mag, die insgeheim größte Auszeichnung für die Athletinnen in Rio. Völlig verdient geht somit Silber an das People Magazine.

Gold

Nach den Wettkämpfen ist es üblich, dass Interviews mit den Sportlerinnen geführt werden. So auch nach einem Schwimmwettkampf, bei dem Fu Yuanhui antritt. Während des Gesprächs hält sie sich ihren schmerzenden Bauch und erklärt: Ich habe vergangene Nacht meine Periode bekommen. Diese Worte der chinesischen Sportlerin lösen den Olympia-Shitstorm schlechthin aus. Eine Frau, die im Fernsehen einfach so über ihre Monatsblutung spricht, war für viele völlig irre und unvorstellbar. Darf die das überhaupt? Entsprechend geht die Gold-Medaille an alle, die den period talk als revolutionär empfinden und / oder das Wort Tabubruch in diesem Zusammenhang benutzt haben.

Dabei könnte es doch so einfach sein. Denn es existiert in der Tat eine simple Formel, die allen Zuständigen die geschlechtsneutrale Berichterstattung bei Sportevents erleichtern soll. Entwickelt wurde sie von Lindy West, die beim Guardian arbeitet und liest sich so: [Name der Athletin], [Sportart], ist heute [ausgeschieden/weitergekommen]. [Sport beschreiben.] Ende. Dem ist nichts hinzuzufügen.

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