Fake-Anonymous-Account verbreitet rechtspopulistische Botschaften
Nach den Terroranschlägen in Paris hat die Hackergruppe Anonymous dem Islamischen Staat den Krieg erklärt. Zunächst legten sie mehr als 5000 Twitter-Accounts lahm, danach sollen die Hacker auch mehrere IS-Konten gesperrt haben. Ein Beispiel dafür, was Anonymous bewirken kann – und womit man sie verbindet. Aber das ist nicht immer so – unter dem Deckmantel Anonymous verbreiten viele ihre Meinungen.
We are not just a person, as people die. We are an idea and ideas are immortal. We are the voice of the silence and the eyes of the blind. We are – Anonymous.
Die Rebellen des Internets, das Hacker-Kollektiv, die Netzguerilla… – sie haben viele Namen. So viele, wie es auch Gruppen gibt – Ländergruppen, Ortsgruppen, Splittergruppen, und so weiter. Anonymous ist zu einer Art Label geworden, das viele gern tragen. Kein Wunder, sagt Sandro Gaycken – Experte für Cybersicherheit und Direktor des Digital Society Instituts Berlin:
Bei Anonymous, da kann sich jeder melden – das ist ein richtiger reiner Schwarm. Man muss einfach draufklicken, dann lädt man ein paar Sachen runter und schon ist man dabei. Das führt einerseits dazu, dass das viele Kids machen, die irgendwie cool sein wollen. Dadurch entsteht da schnell der Eindruck, da ist so eine Masse echt cooler Hacker. Und das andere Problem ist, dass Querulanten aller façon sich darin tummeln – und Nachrichtendienste. Also das hat man einfach nicht unter Kontrolle wer da alles drin ist und was da alles passiert.
Sandro Gaycken war selbst lange in der Hacker-Szene aktiv, unter anderem beim Chaos Computer Club. Von daher weiß er, dass sich in Hacker-Netzwerken immer wieder ominöse Splittergruppen einschleichen. Ein Beispiel dafür ist die gefakte Facebook-Seite Anonymous.Kollektiv aus Berlin (facebook.com/Anonymous.Kollektiv/). Oberflächlich betrachtet teilt sie Inhalte von Anonymous – hinter jedem dritten Post jedoch verbirgt sich eine rechtspopulistische Botschaft. Auch wenn die Seite schon mehrfach abgemahnt wurde – unter anderem von Anonymous Deutschland selbst – es ist schwer dagegen vorzugehen.
Das ist das Problem an Schwärmen, die haben über ihre einzelnen Mitglieder gar keine Kontrolle. Die können sich noch so viel Ideologie auf die Fahnen schreiben – da kann sich halt jeder einklinken und jeder alles machen. Und das ist genau der Grund warum das so attraktiv ist für Rechte oder für fremde Mächte. Da kann jeder hingehen und behaupten, er ist Teil des Kollektivs – jeder kann behaupten, er spricht für eine unterdrückte Minderheit und postet dann irgendeinen Blödsinn.
Nach den Anschlägen von Paris erklärt Anonymous der Terrororganisation Islamischer Staat in einer Video-Botschaft den Krieg. Eine Ansage, die auch der Fake-Account Anonymous.Kollektiv für sich zu nutzen weiß. Plötzlich hat die Seite über 1,5 Millionen Likes. Aber nicht nur Verschwörungstheoretiker, Rechtsradikale oder Wutbürger unterwandern den Schwarm. Sandro Gaycken erinnert sich an ein Hacker-Netzwerk in Südamerika, dass plötzlich aufgetaucht ist und sehr schnell und koordiniert auf politische Ereignisse reagiert hat – zu schnell, wie er meint:
Man hat anhand der Synchronizität und des hohen Organisationsgrades gesehen, dass die genau innerhalb von bestimmten wissenschaftlichen gemessenen Reaktionszeiten auf Sachen reagiert haben. Und das ist natürlich ein harter Indikator für einen Nachrichtendienst gewesen oder eine PR-Agentur. Leider bieten PR-Leute auch z.B. für Lobby-Gruppen an, dass sie mit gefakten Aliassen wie Anonymous, WikiLeaks o.ä. Sachen verbreiten, damit dann alle denken, das wäre super-authentisch.
In einem anonymen Schwarm kann halt jeder mitschwimmen. Und wer sich jetzt nicht sicher ist, ob er vielleicht die falsche Anonymous-Seite liked, sollte mal auf Facebook gehen und gucken – und das gegebenenfalls ganz schnell ändern und seine Freunde darauf hinweisen. Für den 24. Dezember um 15h ist bereits eine Gegenaktion geplant: Anonymous.Kollektiv in Grund und Boden melden, ins Leben gerufen von Rhetorische Perlen von AfD- und NPD-Anhängern.
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