The xx – I See You | Frisch gepresst
Ein paar Monate ist es her, da stellten The xx lediglich eine Spotify-Playlist online. Was folgte war ein Sturm der Begeisterung. Eigentlich sollte das dritte Album des Londoner Trios längst fertig sein. Immer wieder wurden Deadlines verschoben, um weiter an den Songs gearbeitet. Nun ist es da: I See You heißt die heiß ersehnte Platte. Und wie sie klingt, erzählt euch Kollege Daniel Meinel aus der Musikredaktion. Der hat es sich für ein paar Tage im The xx-Universum gemütlich gemacht.
2009
Ein Jahr im Zeichen der globalen Finanzkrise. Millionen verlieren ihre Jobs, stehen vor dem Scherbenhaufen ihrer eigenen Existenz. Und dann bringen The xx auf einmal mit ihrem gleichnamigen Debüt einen dystopischen Instant Classic heraus. Klar, beim findigen Musikkritiker klingeln die Alarmglocken und dem Londoner Trio wird auf einmal zugeschrieben, damit den Soundtrack der Krise geschaffen zu haben. Die düstere Melancholie wird in größerem Kontext zu etwas, das so schlichtweg nicht gewollt ist und The xx zu Popstars wider Willen.
2017
Popmusik ist Eskapismus. Ist sie schon immer gewesen und das ist auch bei The xx‘ dritten Album I See You nicht anders. Nach zwei Veröffentlichungen drehten sie sich aber im Hamsterrad der eigenen Dystopie. Bassist und Sänger Oliver Sim gibt stellvertretend für die Band zu Protokoll:
„Egal wie stolz wir auf unser Album Coexist sind, war immer klar: Wir wollten nicht noch einmal so eine Platte machen.“
Also machte The xx alles anders: Weg aus London, rein in die kalifornische Sonne und mit den bleibenden Eindrücken von Jamie Smiths Solokonzerten als Jamie xx im Gepäck ging es entspannt an die Arbeit am heiß ersehnten Nachfolger von Coexist.
Für den ersten kalkulierten Aha-Moment sorgte die Vorabsingle On Hold. Ein Hall & Oates-Sample und reichlich Beschwingtheit reichten aus, um alles in Frage zu stellen, womit der gängige Fan The xx bislang verband. Wo bei den ersten Platten das Licht noch leicht gedimmt auf lauer Stufe glimmte, kann man es jetzt beim Tanzen ruhig an lassen.
With every beat comes a violent noise
Mit 2-Step-Breakbeats, Streicherfetzen, Bläserfanfaren und Softrock-Samples sprengt vor allem Jamie Smith die eigens angelegten Ketten. Das Tempo wird angezogen, Dubstep-Einflüsse gesellen sich dazu (Dangerous), im Kern sind es aber noch immer die beiden Stimmen von Croft und Sim, die den The xx-Kosmos zusammenhalten.
I See You ist zwar immer noch Stop-and-Wait Musik, aber The xx wollen raus aus ihrer Komfortzone, ausbrechen aus ihren eigenen Klischees. Und Album Nummer drei verleiht der Band ein schärferes Profil, einen breiteren Spielraum für ihre weitere Entwicklung. Und dabei ist es zeitgleich die Essenz des richtungweisenden Debüts, subtil modernisiert mit den Tricks eines inzwischen über sich hinausgewachsenen Produzenten.
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