intakt! – Berlins neues Vinyl-Presswerk
Was haben Amy Winehouse, The xx und Haftbefehl gemeinsam? Ihre Musik verkauft sich recht gut auf Schallplatte! Diese Entwicklung beschert Berlin nun das neue Vinylpresswerk intakt!
Redakteur Joel Lander hat die Betreiber Max Gössler und Alex Terboven in ihren Räumlichkeiten in Marienfelde besucht und sich mal zeigen lassen, wie ein Plattenpresswerk so funktioniert.
Ihr möchtet den Beitrag lieber hören? Kein Problem:
Alex Terboven steht an seiner Vinylpresse. Auf der druckfrischen Platte, die er jetzt in den Händen hält, ist Musik seines Komplizen Max Gössler. Die beiden Freunde und DJs haben mit intakt! das momentan einzige Plattenpresswerk in Berlin gegründet, in einer Lagerhalle in Marienfelde. Als Techno-DJs und Labelbetreiber sind sie natürlich selbst Vinylliebhaber, sagt Max Gössler:
Für mich ist die Schallplatte das beste Tonträgerformat, das es gibt, weil zu einer Platte wesentlich mehr gehört als die reine Musik, sondern da gehört auch das Artwork und die Haptik dazu.
Mit seiner Vorliebe für das Artwork und die Haptik ist er nicht allein. Seit fast zehn Jahren dauerboomt Vinyl. Gerade deswegen heißt es vor allem für Independent Labels und Künstler bei der Vinylpressung: Hinten anstellen! Es kann oft Monate dauern, bevor ein Auftrag in die Bearbeitung geht, weil die Presswerke bei der Fülle an Aufträgen nicht schneller liefern können.
Max Gössler und Alex Terboven kennen das Problem aus eigener Erfahrung. Über ihr Lable Somedate Records veröffentlichen sie nur auf Vinyl. Immer wieder mussten sie selbst lange Wartezeiten für Veröffentlichungen in Kauf nehmen. Ein Grund, wie Alex Terboven erzählt, selbst Platten zu pressen:
Vor eineinhalb Jahren kam Max tatsächlich mit der Idee um die Ecke ‚Mensch, lass uns doch ein Schallplattenpresswerk aufmachen.‘ Das hat keine vier oder fünf Tage gedauert, da habe ich meine Kündigung eingereicht.
Allein mit der Idee war natürlich noch keine einzige Platte gepresst. Zwischen der Entscheidung ein eigenes Presswerk zu gründen und der ersten gepressten Platte lagen unzählige Behördengänge und Termine mit Banken und Maschinenbauern.
Ihr Werk, also das Presswerk selbst, sieht von innen übrigens wenig spektakulär aus: Es gibt diverse Tanks, eine Hydraulikanlage, viele Schläuche und Ventile – das Übliche halt. Auffallend sind die riesigen Säcke mit dem speziellen PVC-Granulat – der Rohstoff für’s Vinyl. Der eigentliche Pressvorgang geht übrigens schnell. Die eine Maschine macht aus dem Granulat einen kleinen PVC-Puck. Dann kommt der Klumpen in die Presse. Eine Hydraulik presst mit über hundert Tonnen Druck innerhalb von Sekunden die Musik ins Vinyl. Max Gössler erinnert sich noch gerne daran zurück als er die erste Platte aus der Presse nahm:
Der Moment, in dem die erste Platte rauskam, war schon ziemlich geil. Also das war wirklich super. Wir haben hier bei uns in der Halle eine Schallplatte hergestellt. Wenn mir zehn Jahre vorher bei meinem Studium der Volkswirtschaftslehre jemand gesagt hätte, dass ich mal Mitbetreiber eines Schallplattenpresswerkes werde, dann hätte ich dem wahrscheinlich einen Vogel gezeigt.
Dieses Gefühl werden die beiden Plattenpresser nun öfter haben. Bis zu 30.000 Schallplatten im Monat wollen sie pressen. Eine angestrebte Lieferzeit von nur vier Wochen würde vielen Independent Labels in die Hände spielen und somit etwas Druck aus dem überhitzten Vinylmarkt nehmen.