Foto: Sympatient
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Invirto | APPetizer

▷ Letzte Änderung: 2020-03-12
By Felicitas Montag |

Schweißausbrüche, Herzrasen, Übelkeit: Rund zehn Millionen Menschen leiden in Deutschland unter Angststörungen. Wer sich behandeln lassen will, muss schon mal bis zu neun Monate auf einen Therapieplatz warten. Abhilfe soll die App „Invirto“ schaffen – eine digitale Psychotherapie. Wer sie nutzen kann und wie sie funktioniert, erzählt euch Filli Montag.

Vermeidung ist die falsche Strategie


Platzangst, Soziale Phobie und Panikstörungen will das Hamburger Start-Up Sympatient mittels Smartphone-App und Virtueller Realität therapieren. Dabei wird auf die Konfrontationstherapie gesetzt – eine verhaltenstherapeutische Behandlungsform in der Psychotherapie, sagt der Psychologe und Mitgründer von Sympatient, Julian Angern:

Bei der, auch wenn das erst mal ein bisschen grausam klingt, Patient*innen eben sehr gut vorbereitet, sich wieder in die angstauslösenden Situationen begeben. Und in diesen Situation eben die Erfahrung machen müssen und sollen, dass es die Vermeidung dieser Situation ist, die eher die Erkrankung stärkt. Und wenn man diese Situationen wieder wahrnimmt, dass die meisten dieser Situationen überhaupt nicht gefährlich sind.

Mittels virtueller Realität den Ängsten stellen

Dafür kommt die VR-Brille zum Einsatz. Sie simuliert zum Beispiel eine Situation im Supermarkt, in der U-Bahn oder im Wald. Wer glaubt, selbst an einer Angststörung zu leiden, sollte sich zunächst auf der Invirto-Website informieren, empfiehlt Angern:

Dann gibt es direkt innerhalb der ersten paar Tage ein telefonisches Erstgespräch mit einer Therapeutin, um zu gucken, liegt da wahrscheinlich eine Erkrankung vor. Diese Patientinnen und Patienten können dann an einem der Klinikzentren, mit denen wir kooperieren, eine Diagnostik und ein Erstgespräch bekommen. Nach diesem Erstgespräch kriegen sie dann von uns die VR-Brille nach Hause gesendet mit einem Appzugang.

Und können damit die therapeutischen Übungen selbstständig durchgeführen. Die App nutzt neben Videos auch Audio-und Textmaterial zur Behandlung. Zusätzlich gibt es weitere Telefonate mit den betreuenden Therapeut*innen. Ob die App tatsächlich was taugt, ermitteln begleitende Studien:

Die sich ganz genau an der Größe und Stichprobe von 220 Patientinnen und und Patienten anschaut, eben wie wirkt es, wie kommt es bei den Patient*innen an, was für Effekte erzielt es und wie geht es einfach den Patient*innen und auch den Behandelnden damit.

Ohne Diagnose, keine Therapie

Invirto ist verschreibungspflichtig. Das heißt: ohne Diagnose, keine Therapie. Der Haken: Wer die App nutzen will, muss zur Untersuchung nach Schleswig-Holstein fahren, denn bislang arbeitet Sympatient nur mit Kliniken in Kiel und Lübeck zusammen. Außerdem wird die digitale Psychotherapie derzeit nur von der Techniker Krankenkasse erstattet – dafür komplett. Kleiner Trost: Weitere Kooperationen mit Krankenkassen und Kliniken in ganz Deutschland sollen folgen.

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