Petite Meller – Lil Empire | Spätzünder
Es ist überall so, nicht zuletzt bei der Musik: Manchmal braucht man einfach länger. FluxFM Spätzünder beschäftigt sich deshalb mit Alben, die uns erst auf den zweiten Hördurchlauf so richtig ans Herz gewachsen sind. Egal, ob’s um alte Perlen oder aktuelle Beats geht, schließlich kennt auch die Liebe auf der zweiten Rille kein Alter. Diesmal beschäftigen wir uns mit:
Petite Meller – Lil Empire
Für den auditiven Erstkontakt mit Petite Meller geht es einmal hier entlang:
Selbst wenn man es nüchtern und neutral betrachtet, lässt sich feststellen, dass Petite Meller in ihrer ganz eigenen Märchenwelt lebt. So hat sie sich, ähnlich wie Schneewittchen, der im Zwergenhaus beim Putzen die Hilfe von sämtlichen Waldtieren widerfährt, ihr ganz eigenes künstlerisches Umfeld aufgebaut. Sie dreht ein Video – und schwupps, bei ihr meldet sich eine chinesische Stylistin, bietet ihre Hilfe an und wird unmittelbar danach zu ihrer besten Freundin. Ein amerikanischer Filmemacher spürt sie in Tel Aviv auf und wird ihr Haus- und Hofregisseur. Die Schauspieler für ihre Clips, die man schon fast als kleine Musikfilme bezeichnen möchte, sammelt Petite Meller auf der Straße und in der U-Bahn ein.
Petite Meller ist ein exotischer Vogel. Über Alter oder ihren richtigen Namen macht sie keine Angaben. Stattdessen stilisiert sie ihre noble Blässe und ihr auffälliges Rouge, das von den Schläfen über ihre Wangen, unter die Augen bis auf die Nase läuft, zu ihrem Markenzeichen. Ihre Videos sind eine explosive Mischung aus Spike Jonze-Filmen, Parfürmwerbung, Fashionshow und Reisemagazin.
Und das ist der Knackpunkt: Petite Meller veranstaltet abseits ihrer Musik so viel Brimborium, dass es einige von ihrer fantastischen ersten Platte abschrecken könnte.
Ihr Debütalbum Lil Empire versammelt nämlich tatsächlich ein kleines Imperium. Dort werkeln Produzenten von Katy Perry, Lana Del Rey und von Paul Simons legendärem Graceland-Album am Sound herum. Die Französin arbeitet mit Ladysmith Black Mambazo und Pnau zusammen. Shamir hat ihr einen Song geschenkt, von Empire Of The Sun bekam sie Tipps zum Komponieren. Kein Wunder, dass die Platte ausgefeilte Popsongs mit großen Refrains und viel instrumentalem Rambazamba bietet, auf denen die Stimme von Petite Meller regelrecht thront.
Damit man sich vollends auf die Stammesrhythmen der strohblonden Künstlerin konzentrieren kann, sei zur Annäherung die völlige Abstinenz von sämtlichen visuellen Erscheinungsformen Petite Mellers nahe gelegt. Erst wenn man durch die Berge und Täler ihrer jauchzenden Poptiraden geritten ist, sollte man sich mal ein Video angucken. Und irgendwann wird man selbst Lust verspüren, sich Rouge auf die Nase zu malen, während man Songs wie Lil Love ganz laut mitsingt…
:infoboxmelanie: