Gerd Rohling „Feinschliff“ | Radio Arty
19. Februar 2015, 19 Uhr
23. Februar 2015, 24 Uhr
Yaneqs Gast ist Gerd Rohling, dessen erste Einzelausstellung Feinschliff im Contemporary Fine Arts seit dem 12. Februar läuft.
Gerd Rohling – Feinschliff
Eigentlich beginnt die Ausstellung „Feinschliff“ bereits 1955 als der neunjährige Gerd seinem Nachbarn, der Schiffssteward war, von dessen New York Reisen schwärmen hörte. Von da an war seine Zukunft geplant und es musste nur noch die Mutter überzeugt werden, dass er die Schule abbricht um in der Gastronomie zu arbeiten und dann mit 20 Jahren auf der „Bremen“ als Steward angeheuert das erste Mal gen NY City zu reisen.
Das ganze Ausmaß, den wirklichen Sinn des Ganzen hat Rohling aber erst bei einem späteren Besuch der Stadt 1995 begriffen. Als er die ganzen dunklen Flecken auf dem Boden sah, erkannte er seine wahre Bestimmung: um die Kaugummiflecken muss sich gekümmert werden! Da er die Stadt in sein Herz geschlossen hatte und beschloss an ihrem Bild etwas zu verändern, begann er die Flecken vom Boden wegzukratzen – immer darauf bedacht einige Flecken für kommende Künstlergenerationen übrigzulassen- die Kaugummis mit Stanniolpapier zu vergolden und wieder in Umlauf zu bringen.
Jeder bewegt sich in diesem Bild, es verändert sich täglich bzw. minütlich. Und die Seelen sind weiterhin an diesen Stellen, wo die Menschen immer die gleichen Bahnen ziehen. Rohling machte die ersten Fotos. Dann auch Collagen, Bilder, einen Film. Die letzte Serie, die „Süßen Seelen“ sind 2014/15 entstanden.
„Ich arbeite sehr vielschichtig. Ich gehe ein Thema an und beute es so weit wie möglich aus, bis ich es auf den Punkt gebracht habe und dann lege ich es auf Eis und warte auf den Moment wo der Raum stimmt, die Umgebung. So wie 2003 mit den Vitrinen „Wasser und Wein“ in der Neuen National Galerie oder 2001 mit der von Harald Szeemann kuratierten Biennale Venedig. Das ist nun auch in dieser Ausstellung der Fall. Es ist auch genau der richtige Zeitpunkt, weil die Arbeit so dicht und ausgereift ist!“
„Sweet & Sour“ – das ist die Süße des Kaugummis und das Saure wenn jemand reintritt und das Ding am Fuß kleben hat, was er selber am Vortag da losgeworden ist. Es bleibt nicht nur der Fleck sondern auch die Süße, der Geschmack, die Energie der Leute und so heißt die Serie der ersten Bilder „Süße Schatten“. In „Feinschliff“ ist quasi die Quintessenz des Ganzen zu sehen, das Bild an der Wand ist gewissermaßen der Honig, die Süße. Rohling sieht sich dabei als Biene die von Flecken zu Flecken eilt. Wenn man etwas aufdeckt, tun sich dahinter Welten auf. Es ist eigentlich nur ein Fleck, der einem da begegnet und wenn man ihn hochhebt, verändert sich alles. „Ich glaube, dass sich bei jeder Situation –egal wie banal sie auch ist- sobald man genauer hinschaut, ein ganzer Kosmos entwickelt. Und bei den Flecken zeigt sich, dass dies ein unerschöpfliches Thema ist. Bei der ersten Betrachtung denkt man, es seien abstrakte Gemälde, aber eigentlich sind es Landschaftsbilder.“ Während die erste Serie der süßen Schatten mehr oder weniger aus schwarzen Flecken besteht, setzt Rohling mittlerweile mehr Farbe ein, die Polyesterbilder haben eine andere „Musik“. Es sind die „süßen Seelen“, die immer noch unterwegs sind und über den Flecken schweben. Dies begann letztendlich bereits 1996/7 mit den oben erwähnten bunten Stanniolpapieren, die Flecken erhielten ihre Süße und das Verführerische zurück.
„Ich komplettiere eigentlich die Welt oder vielleicht ist es auch so, dass ich die Welt nicht aushalte, wenn ich nicht noch meinen Senf dazugebe, also das Bild fertig mache. Da fehlt also etwas und manchmal denke ich, es ist sowieso vorhanden und ich muss es nur noch rausfinden und das Bild komplettieren. Es ist eigentlich ein ganz egoistisches Moment mir ‘nen schönen Tag zu machen und mich wohl zu fühlen.“
(Pressetext: Contemporary Fine Arts)
Gerd Rohling
13. Februar – 14. März
Dienstag bis Freitag 10 – 18 Uhr
Samstag 11 – 18 Uhr
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