Bob Dylan (Foto: William Claxton)

Altern mit Würde – Bob Dylan wird 75

▷ Letzte Änderung: 2016-05-25
By Fabian [FluxFM] |

Mitte der Sechziger galt er als Stimme einer ganzen Generation und seine Folksongs sprachen den Anhängern der amerikanischen Protestbewegung aus der Seele. Die Rede ist von Robert Zimmerman – der unter seinem Pseudonym Bob Dylan zu Weltruhm gelangte. Aus seiner Feder stammen Songs wie Blowing In The Wind, Like A Rolling Stone und The Times They Are A-Changin‘, die längst zu Klassikern der Popgeschichte geworden sind. Am 24. Mai feiert der Crooner mit der unverwechselbar nasalen Stimme seinen 75. Geburtstag – deshalb hat sich FluxFM-Redakteur Fabian Broicher die schillernde Karriere des Barden zur Brust genommen und wagt einen Rückblick auf einen der am schwersten zu fassenden Künstler unserer Zeit.

Den Beitrag gibt’s zum Nachhören in voller Länge hier:

Am 25. Juli 1965 gibt Bob Dylan das wohl legendärste Konzert seiner Karriere. Der Auftritt auf dem Newport Folk Festival gerät zum Skandal, denn praktisch über Nacht hat sich der Songwriter, der zuvor vor allem zu folkigen Akustikklängen seine Texte über Schellenkranzmänner und bewegte Zeiten vortrug, dem Rock’n’Roll zugewandt. Statt sanfter Gitarre und Mundharmonika gibt’s auf einmal lautes Gitarrenfeedback und röhrende Hammondorgel. Seine Fans können damit gar nichts anfangen – und das Publikum buht ihn erbarmungslos aus.

Dieser Auftritt steht sicherlich symptomatisch für Bob Dylans ganze Karriere, denn besonders leicht hat er es sich und seinen Zuhörern noch nie gemacht. Nachdem er mit Folk begann, anschließend mit dem Rock flirtete, wendet er sich Anfang der Achtziger kirchlicher Musik zu und experimentiert mit Gospel. Zu seinem Markenzeichen über alle Schaffensperioden hinweg wurden allerdings die kryptischen Texte, bei denen er sich von der Bibel und dem französischen Dichter Arthur Rimbaud, seinem großen Idol, inspirieren lässt. Denn was auch immer dieser erste Vers von All Along The Watchtower wirklich bedeutet, dieses Geheimnis mag Bob Dylan wohl mit ins Grab nehmen:

„There must be some kind of way out of here“, said the joker to the thief
„There is too much confusion, I can’t get no relief
Businessmen, they drink my wine, plowmen dig my earth
None of them along the line know what any of it is worth“

Trotzdem bemüht sich Bob Dylan stets, das aktuelle Zeitgeschehen zu beobachten. Vor allem in den Sechzigern gelingt es ihm vortrefflich, die amerikanischen Protest- und Bürgerrechtsbewegungen in seinen Songs zu kommentieren und unterstützen. Den Ruf, die Stimme einer ganzen Generation zu sein, hat er dennoch nie ganz für sich selbst annehmen können, wie er selbst sagt:

„At a certain point people seem to have a distorted, warped view of me. The spokesman of a generation, the concious of this and that – I just couldn’t relate to that!“

Denn wenn ihm etwas nicht liegt, dann es allen recht zu machen. Bestes Beispiel dafür ist vielleicht Knocking On Heaven’s Door, den Bob Dylan für den Film Pat Garrett jagt Billy the Kid 1973 komponiert. Über den Song bekommt Dylan sich mit dem Regisseur Sam Peckinpah in die Haare. Der Filmemacher kann sich unter einer traurigen Todesszene einfach keinen Song mit Rockschlagzeug vorstellen. Natürlich setzt Bob Dylan seinen Dickkopf durch. Seinem Verhältnis mit Sam Peckinpah ist es nicht gerade zuträglich und während der Dreharbeiten – immerhin tritt der Sänger auch vor der Kamera im Western auf – die Stimmung soll bestenfalls eisig gewesen sein. Der spätere Erfolg gibt Bob Dylan allerdings recht: Heute ist Knocking On Heaven’s Door einer der meistgecoverten Songs der Musikgeschichte.

An solche Erfolge kann er dann später nie mehr so richtig anknüpfen. Wirklich spannend wird es musikalisch allerdings immer dann, wenn er sich mit anderen Projekten beschäftigt. So gründet er 1988 die Supergroup aller Supergroups: die Traveling Wilburys. Gemeinsam mit Ex-Beatle George Harrison, dem ELO-Frontmann Jeff Lynne und Pretty Woman-Songwriter Roy Orbison singt er über teils ernste, teils lustig-skurrile Themen und verbeugt sich musikalisch vor den Kinks und amerikanischer Popmusik der Sechziger. In puncto Originalität sicherlich herausragend: Der zum Song mutierte Dada-Tanz, der Wilbury Twist.

Auch mit 75 steht Bob Dylan noch auf der Bühne. Im Studio interpretiert er Frank-Sinatra-Songs, krächzend und mit typischem Dylan-Crooning. Pünktlich zu seinem Geburtstag erscheint Fallen Angels, bereits das zweite Album in Folge komplett ohne Eigenkompositionen des großen Meisters des Liedguts. Vielleicht hat er es aufgegeben, sich kreativ auszuleben, und findet anstattdessen nun seinen musikalisch eher belanglosen Frieden. Es sei ihm in jedem Fall gegönnt, schließlich hat er in seinem Leben genug erreicht. Und außerdem: the times they are a-changin‘.

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