Daughter – Music From Before The Storm | Frisch gepresst
Es will nicht so recht zusammenpassen: Daughter veröffentlichen ein neues Album, aber die Musikpresse reagiert vergleichsweise verhalten. Wenig Twitterei, kaum Gefacebooke und generell gibt es recht wenig Berichterstattung. Merkwürdig, da doch sonst jeder Mini-Infohappen regelrechte Begeisterungsstürme ausgelöst hatte.
Es mag daran liegen, dass das Trio aus London am 1. September nur einen Soundtrack zu einem Videospiel herausbringt. Wobei „nur ein Soundtrack“ dem Album Music From Before The Storm nicht im Ansatz gerecht wird.
Das Jugenddrama Life is Strange – Before The Storm ist so ziemlich das Spannendste, was die internationale Gaming-Branche im Moment zu bieten hat. Im Spiel navigiert man die Figur der Teenagerin Chloe Price durch einzelne Episoden und durch die scheinbar unendlich wirkende Spielwelt. Jede Entscheidung, die dabei getroffen wird, hat Einfluss auf den weiteren Verlauf der Geschichte.
Daughter mussten für den Soundtrack zum Spiel unterschiedliche Szenarien und Gefühle in Musik übersetzen. Eine Herausforderung, wie die Frontfrau des Trios, Elena Tonra, zugibt:
„Wir haben schon früher Instrumentalstücke geschrieben, aber keine, die sich auf ein Thema oder eine Geschichte beziehen. Jetzt haben wir uns zum ersten Mal hingesetzt und uns gefragt: Okay, wie beschreiben wir jetzt dieses Gefühl in der Musik?“
Für Daughter eine neue Erfahrung – vor allem weil sie sich in andere Videospielfiguren und deren Geschichten hinein versetzen mussten. Die Songs auf Music From Before The Storm fallen dabei deutlich sphärischer und weitläufiger aus als wir es von den ersten beiden Alben gewöhnt sind.
Auch wenn die Bedingungen für Music From Before The Storm komplett anders waren als bei den bisherigen Alben, so ist musikalisch dennoch genau das herausgekommen, was man vom Londoner Trio erwartet. Eine große Ladung Melancholie, eine fast schon bedrückende Eindringlichkeit und Texte, die nicht nur den Spielcharakteren, sondern jedem Einzelnen von uns aus der Seele sprechen könnten.
Wüsste man nicht, dass dieses Album von Daughter eine Auftragsarbeit ist, könnte man schnell in die Falle tappen und Music From Before The Storm als reguläres drittes Studioalbum ohne einen womöglich anderen Background einordnen. Von je her wird bei Daughter-Songs die Tränendrüse einer Belastungsprobe unterzogen.
In den Kitsch rutschen die Songs dabei nie ab. Und durch den größeren Raum, den sich Daughter dieses Mal zugestehen, klingt alles nochmal ein Stück eindringlicher. Wie ein kleines bisschen Sommermelancholie – oder wie die perfekte Einstimmung für den vor der Tür stehenden Herbst.
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