Römer + Römer - Generalstreik, 110 x 150 cm, Öl auf Leinwand, 2015
Römer + Römer - Generalstreik, 110 x 150 cm, Öl auf Leinwand, 2015

RÖMER + RÖMER & Der Trinker | Radio Arty

▷ Letzte Änderung: 2015-10-07
By Diana Hagenberg [FluxFM] |
Im Radio:
08. Oktober 2015, 19 Uhr
12. Oktober 2015, 24 Uhr

Radio Arty Logo Diese Woche sind das Künstler-Duo RÖMER + RÖMER zu Gast bei Radio Arty. Sie haben das Fusion Festival auf Leinwand gepinselt. Außerdem kommt der Comiczeichner Jakob Hinrichs, der gerade die Graphik Novel Der Trinker im Metrolit Verlag herausgebracht hat.

Wo ist eigentlich GESTERN?

 Römer + Römer - Sputnik, 110 x 150 cm, Öl auf Leinwand, 2015


Römer + Römer – Sputnik, 110 x 150 cm, Öl auf Leinwand, 2015


Die Fusion auf Leinwand: Drei Jahre hat das Berliner Künstlerpaar RÖMER + RÖMER an seiner Einzelausstellung Wo ist eigentlich GESTERN? gearbeitet.

Seit 1997 ersteht jedes Jahr im Sommer auf einem ehemaligen sowjetischen Militärflugplatz in Lärz das selbst ernannte „größte Ferienlager der Republik“: das Fusion Festival (ФУЗИОН). Unter dem Motto „vier Tage Ferienkommunismus“ herrscht kollektiver Ausnahmezustand, indem sich die Sehnsucht nach einer besseren Welt spiegelt.

Das Ehepaar Torsten und Nina Römer hat die Fusion in den Jahren 2012 bis 2014 besucht. Ihre Beobachtungen haben die beiden in unzähligen Fotografien festgehalten. Nach dem Auswählen geeigneter Motive und Ausschnitte haben sie die Bilder digital bearbeitet. Die so veränderten Daten dienten dem Künstlerduo als Ausgangsmaterial für Gemälde, die ihren fotografischen Ursprung nicht verleugnen. Fotorealistisch sind ihre teils großformatigen Arbeiten dennoch nicht. Entstanden sind künstlerische Transformationen, die verschiedene Eindrücke vom Festival bei Tag und Nacht und in unterschiedlichen Lichtstimmungen wiedergeben.

Römer + Römer - Kulturkosmos, 45 x 100 cm, Öl auf Leinwand, 2015

Römer + Römer – Kulturkosmos, 45 x 100 cm, Öl auf Leinwand, 2015


Das realistisch scheinende Abbild wird als komplexes Zusammenwirken von künstlerischen, sensorischen und kognitiven Prozessen und damit als Illusion entlarvt. Im Gegensatz zum impressionistischen Pointillismus können die Farbpixel als Referenz auf die digitale Bilderflut im medialen Selfie-Zeitalter gedeutet werden. Die dargestellten Szenen avancieren so zu Vexierbildern einer Parallelgesellschaft. Das Kollektiv der „Fusionisten“ wird durch die spezifische Technik der Künstler verunklärt, beinahe mystifiziert, aber eben auch als Scheinbild entzaubert.

Die Werke von RÖMER + RÖMER sind damit ebenso widersprüchlich wie die Festivalgemeinschaft: Die Fusion-Besucher schließen sich einem großen gemeinsamen Ideal auf Zeit an, wollen der Entfremdung und den Zwängen im Alltag für ein paar Tage entfliehen. Zu diesem Zweck ordnen sie sich vor Ort neuen Strukturen und Regeln unter. Gleichzeitig realisieren die Teilnehmer auf dem Festival ihren Drang nach individueller Freiheit, sind hedonistisch und nur sich selbst und ihrem Spaß verpflichtet.

Römer + Römer - Antifa MV dankt Fusion, 45 x 100 cm, Öl auf Leinwand, 2015

Römer + Römer – Antifa MV dankt Fusion, 45 x 100 cm, Öl auf Leinwand, 2015


Diesen Widerspruch von Individual- und Kollektivinteressen hat die Soziologin Babette Kirchner in ihrer Studie über das Fusion Festival (Eventgemeinschaften. Das Fusion Festival und seine Besucher, Wiesbaden 2011) unter dem Begriff „paradoxe Gemeinschaften“ beschrieben. Als subtile Chronisten legen RÖMER + RÖMER diese Gegensätze in ihren emotionalen, reportageartigen und doch abstrahierenden Momentaufnahmen frei, ohne sie zu bewerten.

RÖMER + RÖMER: Wo ist eigentlich GESTERN?
Galerie Michael Schultz
Mommsenstraße 34, 10629 Berlin

Vernissage: Sa, 10. Oktober 2015, 19 – 21 Uhr
13. Oktober – 14. November 2015
Di bis Fr 10 – 19 Uhr
Sa 10 – 14 Uhr



Der Trinker im Metrolit Verlag

Jakob Hinrichs, Hans Fallada - Der TrinkerDer Trinker ist einer der persönlichsten Romane von Hans Fallada. Er verfasste das Werk 1944 heimlich im Gefängnis. Fallada war nach einem mutmaßlichen Totschlagversuch an seiner Frau als nicht zurechnungsfähig inhaftiert worden und saß mehrere Monate in der Landesanstalt Neustrelitz-Strelitz. In Der Trinker hat Fallada hat er nicht nur die eigenen Erfahrungen mit der Alkoholsucht verarbeitet, der Roman ist auch eine Auseinandersetzung mit seinen persönlichen Krisen und Demütigungen. Was liegt also näher, als die Geschichte über den Untergang des Kleinbürgers Erwin Sommer, der in einer Lebenskrise zu trinken beginnt und dem Alkohol so verfällt, so dass er in der Folge seine Ehe und Existenz zerstört, mit der Biografie Falladas zu verknüpfen?

Der bekannte Illustrator und Comiczeichner Jakob Hinrichs hat daraus die Graphik Novel „Der Trinker“ gemacht, die im Metrolit Verlag erscheint. Er hat sich intensiv mit dem Werk und dem Leben Falladas beschäftigt und viele für Fallada wichtige Orte besucht. Seine Adaption beginnt in der Landesanstalt Neustrelitz-Strelitz und erzählt von dort aus die Geschichte Sommers und Falladas. Und so wird neben dem erschütternden Psychogramm Sommers auch die berührende Lebensgeschichte des bedeutenden Schriftstellers nachgezeichnet, der bis zu seinem Tod 1947 unter seiner Morphium- und Alkoholsucht litt.

Buchpräsentation im Aufbau Haus 10.10.2015


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